Württemberg

Königreich Württemberg

 
Wappen Flagge
Wappen des Königreichs Württemberg Flagge von Württemberg
Lage im Deutschen Reich
Lage des Königreichs Württemberg im Deutschen Kaiserreich
Landeshauptstadt Stuttgart
Regierungsform Monarchie
Staatsoberhaupt König
Dynastie Haus Württemberg
Bestehen 1806–1918
Fläche 19.508 km²
Einwohner 2.437.574 (1910)
Bevölkerungsdichte 125 Einwohner/km²
Entstanden aus Herzogtum Württemberg
Aufgegangen in Volksstaat Württemberg
Hymne Textversionen zur Melodie der englischen Königs­hymne
Stimmen im Bundesrath 4 Stimmen
Karte
Württemberg 1810–1918

Das Königreich Württemberg entstand am 1. Januar 1806 als souveränes Königreich auf Betreiben des nach politischer Hegemonie strebenden Kaisers der Franzosen, Napoleon Bonaparte. Hervorgegangen war das Königreich aus dem (1803 zum Kurfürstentum erhobenen) Herzogtum Württemberg. Dessen ursprüngliches Gebiet, das auch als Altwürttemberg bezeichnet wurde, war kurz zuvor durch den Reichsdeputationshauptschluss und den Frieden von Pressburg hauptsächlich im Süden und Osten stark erweitert worden und hatte damit seinen geographischen Raum nahezu verdoppelt.

Württemberg war von 1806 bis 1813 Mitglied des an den Interessen Frankreichs ausgerichteten Rheinbundes und nach dem Ende der napoleonischen Kriege in der Folge der Beschlüsse des Wiener Kongresses von 1815 bis 1866 Mitglied des Deutschen Bundes. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 schloß sich das Königreich dem als – kleindeutschesKaiserreich unter preußischer Führung ausgerufenen ersten deutschen Nationalstaat als Bundesstaat an.

Auf Basis der Verfassung von 1819 entwickelte sich im Lauf der Jahre eine frühe konstitutionelle Monarchie mit im Vergleich zu vielen anderen deutschen Staaten relativ stark ausgeprägten liberalen und demokratischen Strömungen, die sich auch nach der Niederschlagung der in Württemberg weitgehend friedlich verlaufenen deutschen Revolution von 1848/49 behaupten und verstärken konnten.

Infolge der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg und der Novemberrevolution von 1918 verzichtete König Wilhelm II. von Württemberg als einer der letzten deutschen Monarchen auf den Thron. Der Bundesstaat Württemberg wurde in eine parlamentarische Demokratie umgewandelt und wurde als Volksstaat Teil der Weimarer Republik.

Der Bundesstaat Württemberg ging im neu und mit Gewalt geschaffenen Volksstaat Württemberg bzw. Land der Weimarer Republik auf.

Wie nun der Bundesstaat Württemberg wieder handlungsfähig eingerichtet werden kann, das lesen Sie am Ende dieses Chronik oder hier……

Geografie

Das ehemalige Königreich Württemberg in seinen Grenzen ab 1813 lag zwischen 47° 34′ und 49° 35′ nördlicher Breite sowie zwischen 8° 15′ und 10° 30′ östlicher Länge. Die größte Ausdehnung von Nord nach Süd betrug 225 Kilometer, die größte Breite von West nach Ost 160 Kilometer. Die Grenzen hatten eine Gesamtlänge von 1.800 Kilometern. Die Gesamtfläche betrug 19.508 km². Im Osten grenzte Württemberg an das Königreich Bayern, im Norden und Westen an das Großherzogtum Baden und im Süden bis 1850 an die Fürstentümer Hohenzollern-Sigmaringen und Hohenzollern-Hechingen, die ab 1850 als Hohenzollernsche Lande zu Preußen gehörten, sowie an den Bodensee. Im Grenzverlauf zu Baden und Hohenzollern bestanden verschiedene Exklaven, Enklaven und weitere territoriale Besonderheiten. Durch die Exklave Wimpfen besaß Württemberg auch eine gemeinsame Grenze mit dem Großherzogtum Hessen.

Auf einer politischen Karte des gegenwärtigen „Deutschlands“ sind die ehemaligen Grenzen Württembergs an Baden und Hohenzollern nicht mehr zu finden, seit sie durch eine unter alliierter Duldung, durchgeführten Kreisreform in Baden-Württemberg am 1. Januar 1973 verwischt wurden. Bis zu dieser Reform waren die Grenzen noch in den Regierungsbezirken Nordwürttemberg und Südwürttemberg-Hohenzollern präsent, und auch die Struktur der Landkreise deckte sich mit diesen Außengrenzen. Dagegen entsprechen die Gebiete der evangelischen Landeskirche (nicht exakt, da einschließlich der Hohenzollernschen Lande) und der katholischen Diözese Rottenburg-Stuttgart (exakt, da ohne die Hohenzollernschen Lande) bis heute den alten Grenzen Württembergs.

Das Hügel- und Bergland umfasst im Norden die Ebenen der Triasformation mit wein- und obstreichen Tälern, im Süden hingegen das Plateauland der Juraformation. Das Klima ist mitteleuropäisch gemäßigt in Oberschwaben, im mittleren Neckarraum und im Norden, jedoch deutlich rauer in den höher gelegenen Gegenden der Schwäbischen Alb, des Allgäus und des Schwarzwalds. Die mittlere Jahrestemperatur schwankt je nach Gebiet zwischen 6 und 10 °C. Die reichlich vorhandenen Wälder sorgen für ergiebige Niederschläge. Wichtigste Flüsse sind der Neckar mit seinen Nebenflüssen Fils, Rems, Enz, Kocher und Jagst, die Tauber und die Donau mit ihrem Nebenfluss Iller, der auf 56 Kilometer die Grenze zu Bayern bildet. Das Gebiet erstreckt sich über die Europäische Hauptwasserscheide. 70 Prozent der Fläche wird zum Rhein hin entwässert, 30 Prozent zur Donau. Bedeutende Mineralquellen befinden sich in Bad Wildbad und Bad Cannstatt. Größere Seen sind der Bodensee und der Federsee in Oberschwaben. Höchster Punkt ist mit 1.151 Metern der Dreifürstenstein auf der Hornisgrinde im Schwarzwald, höchster Berggipfel mit 1.118 Metern der Schwarze Grat bei Isny im Allgäu. Das niedrigste Niveau befindet sich mit 125 Metern bei Böttingen, wo der Neckar von Württemberg nach Baden abfließt. Die gemittelte Höhe Württembergs beträgt etwa 500 Meter über Normalhöhennull.

Geschichte

Entstehung des Königreichs

Württemberg 1789

 

Das Herzogtum Wirtenberg bestand im 18. Jahrhundert im Wesentlichen aus dem ehemaligen Stammland im mittleren Neckarraum rund um Stuttgart sowie den damit verbundenen Besitzungen im Nordschwarzwald und auf der Schwäbischen Alb. Neben dem Gebiet um Heidenheim war die linksrheinische Grafschaft Mömpelgard die bedeutendste Exklave des Herzogtums. Außerdem bestanden mit der Grafschaft Horburg und der Ortschaft Reichenweier weitere kleinere Exklaven links des Rheins auf heute französischem Gebiet. Nach dem Ausbruch der Französischen Revolution 1789, welche die Vorrechte des Adels und des Klerus einschränkte, formierten sich unter den europäischen Monarchien Koalitionen mit dem Ziel, die republikanische Entwicklung in Frankreich aufzuhalten. Der zwischen Kaiser Leopold II. und dem preußischen König Friedrich Wilhelm II. in der Pillnitzer Deklaration vereinbarten ersten Koalition schlossen sich bald weitere Monarchien an. Am 20. April 1792 kam es zum Ausbruch des Ersten Koalitionskriegs, den das revolutionäre Frankreich gewann. Im Frieden von Campo Formio am 17. Oktober 1797 erkannte Kaiser Franz II. den Rhein als Ostgrenze Frankreichs an. Hiervon betroffen waren auch Mömpelgard und die anderen linksrheinischen Besitzungen Württembergs. Das Herzogtum beteiligte sich daraufhin ab 1799 als Partner Österreichs an der Zweiten Koalition gegen Frankreich unter Napoleon Bonaparte. Im Frühjahr 1800 besetzten die Franzosen Württemberg. Da Österreich keinerlei Anstrengungen zur Verteidigung des Landes unternahm, musste sich der württembergische Herzog Friedrich II. mit seinen Truppen dem Rückzug der Österreicher anschließen. Nach dieser Demütigung war sein Vertrauen in das Bündnis mit Österreich tief erschüttert. Im Frieden von Lunéville am 9. Februar 1801 arrangierte er sich mit Frankreich. Sein Ziel war, das rechtsrheinische Territorium zu vergrößern. Der Pariser Vertrag vom 20. Mai 1802 sicherte den Bestand des Herzogtums und stellte Entschädigungen für die linksrheinischen Gebiete in Aussicht. Württemberg hatte Sitz und Stimmrecht in der außerordentlichen Reichsdeputation, die den Reichsdeputationshauptschluss vorbereitete, der die Entschädigungen für die verlorenen linksrheinischen Besitzungen deutscher Fürsten festlegte. Herzog Friedrich wurde zum Kurfürst erhoben. Zahlreiche kleine Herrschaften wurden mediatisiert und unter der Bezeichnung Neuwürttemberg dem neuen Kurfürstentum zugeschlagen. Dazu gehörten die mediatisierten Reichsstädte Aalen, Giengen an der Brenz, Heilbronn, Rottweil, Esslingen am Neckar, Reutlingen, Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Hall und Weil der Stadt sowie folgende säkularisierte kirchliche Besitzungen: die Fürstpropstei Ellwangen, die Reichsabtei Zwiefalten, das Ritterstift Comburg, das Kloster Heiligkreuztal bei Riedlingen, das Kloster Schöntal, das Kloster Margrethausen, das Stift Oberstenfeld und der stift-murische Teil des Dorfes Dürrenmettstetten. Diese Zugewinne entsprachen in Summe etwa einer Fläche von 1609 Quadratkilometern mit 110.000 Einwohnern und 700.000 Gulden Steueraufkommen. Dem standen etwa 388 Quadratkilometer linksrheinisch verlorenes Gebiet mit zirka 14.000 Bewohnern und zirka 250.000 Gulden an Staatseinkünften gegenüber. Mit dem Aufbau der Verwaltung Neuwürttembergs betraut war der Minister Normann-Ehrenfels.

Bildnis König Friedrichs I. von Württemberg im Krönungsornat und Rüstung, Hofmaler Johann Baptist Seele (1774–1814), 1806, Öl auf Leinwand, 237 cm × 135,5 cm, Landesmuseum Württemberg, Stuttgart.

 

Am 3. Oktober 1805 schloss Friedrich in Ludwigsburg eine weitere Allianz mit Napoleon. Württemberg beteiligte sich daraufhin mit Truppen auf französischer Seite am Dritten Koalitionskrieg. In den Verträgen von Brünn (10.–12. Dezember 1805) und dem Frieden von Preßburg vom 26. Dezember 1805 wurde Vorderösterreich zwischen Württemberg, Bayern und Baden aufgeteilt. Dies bedeutete, dass weitere 125.000 neue Einwohner zum Kurfürstentum Württemberg dazukamen. Im Einzelnen handelte es sich um die folgenden Territorien: Grafschaft Hohenberg, Landvogtei Schwaben, Herrschaft Ehingen, die so genannten Donaustädte Mengen, Munderkingen, Riedlingen und Saulgau sowie im Unterland Gebiete des Deutschen Ordens (Amt Hornegg mit Neckarsulm und Gundelsheim), Gebiete des Johanniterordens und kleinere Territorien der Reichsritterschaft. Württemberg wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1806 zum souveränen Königreich erhoben. Die bisherige Bezeichnung Wirtenberg wurde durch die modernere Schreibweise Württemberg ersetzt. Erster König war der bisherige Herzog und Kurfürst Friedrich II. unter dem Namen Friedrich (Eigenbezeichnung: König Friedrich I.). Mit der Unterzeichnung der Rheinbundakte am 12. Juli 1806 trat Württemberg aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation aus. Mit dem Rheinbund kamen nochmals 270.000 neue Bewohner zum Königreich Württemberg hinzu, die sich auf die Territorien der Fürstentümer und Grafschaften Hohenlohe, Königsegg-Aulendorf, Thurn und Taxis, Waldburg und vieler weiterer Herrschaften in Oberschwaben verteilten.

Entwicklung der ersten Jahre

König Friedrich beteiligte sich 1809 mit Truppen an der Niederschlagung des Tiroler Volksaufstands. Mit dem Frieden von Schönbrunn am 14. Oktober 1809 wurde das Königreich Württemberg um die Gebiete des Deutschen Ordens bei Mergentheim erweitert, wobei ein Aufruhr der dortigen Bevölkerung blutig niedergeschlagen wurde. Schließlich vergrößerte sich die Einwohnerzahl mit dem Vertrag von Paris am 28. Februar 1810 und damit zusammenhängende Grenzverträge mit Bayern und Baden noch einmal um 110.000 Bewohner. Hinzu kamen im Wesentlichen Crailsheim und Creglingen sowie die ehemaligen Reichsstädte Bopfingen, Buchhorn, Leutkirch, Ravensburg, Ulm und Wangen und Gebiete der ehemaligen Grafschaft Montfort. Dafür fiel die alte württembergische Herrschaft Weiltingen an das Königreich Bayern sowie das Oberamt Hornberg und das Amt St. Georgen an das Großherzogtum Baden. Im Jahre 1813 erwarb das Königreich Württemberg noch die hohenzollernsche Herrschaft Hirschlatt. Insgesamt hatte sich Württemberg somit von ursprünglich 9.500 Quadratkilometern mit etwa 650.000 Einwohnern auf 19.508 Quadratkilometer mit etwa 1.380.000 Einwohnern vergrößert.

In den Jahren 1812/13 beteiligte sich König Friedrich an Napoleons Krieg gegen Russland, aus dem von 15.800 württembergischen Soldaten nur einige Hundert zurückkehrten. Trotz dieser Niederlage blieb das Königreich zunächst weiter als Mitglied des Rheinbunds an der Seite Frankreichs, bis es in der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 zu einer weiteren vernichtenden Niederlage Napoleons kam. Erst danach wechselte Württemberg zur Sechsten Koalition über, die von Österreich, Preußen und Russland geführt wurde. Am 2. November 1813 orientierte sich König Friedrich um, nachdem Österreich dem Land durch den Vertrag zu Fulda Wahrung seines Besitzstandes und den Erhalt seiner Souveränität garantiert hatte.

Die Gebietszuwächse Württembergs wurden durch die territoriale Neuordnung Deutschlands beim Wiener Kongreß 1815 nicht revidiert und damit indirekt völkerrechtlich bestätigt. Durch die Beteiligung an den Koalitionskriegen und deren Folgen erlebte das Königreich in seinen Anfangsjahren einen wirtschaftlichen Niedergang, der zu hoher Staatsverschuldung und zur Verarmung breiter Bevölkerungsschichten bis hin zu Hungersnöten führte. Diese wirtschaftlich sehr schwierige Lage wurde durch das ungewöhnlich kalte und von Naturkatastrophen gekennzeichnete Jahr 1816 weiter verschärft. Die Auswanderung nach Osteuropa und Nordamerika stieg danach sprunghaft an.

In den ersten Jahren des Königreichs sicherte die Verwicklung Württembergs in die kriegerischen Auseinandersetzungen und die Bündnistreue mit Frankreich König Friedrich weitgehende Handlungsfreiheit in der Innenpolitik. Deren Ziel war die konsequente Modernisierung der Verwaltung und die Zusammenführung der verschiedenen Territorien zu einem einheitlichen und zentral geführten Gesamtstaat. Dies war umso schwerer, da die neu hinzugekommenen Gebiete dem zuvor rein und streng evangelischen Württemberg eine beträchtliche katholische Minderheit brachten. Mittel zur Modernisierung waren die rigorose Abschaffung der Privilegien der Ehrbarkeit in Altwürttemberg sowie des Adels in den hinzugewonnenen Gebieten. Widerstand gegen diese Politik wurde rigoros bekämpft; ein Polizeiministerium, eine geheime Polizei und eine Zensurbehörde wurden nach französischem Vorbild eingerichtet. Wichtige Reformen der ersten Jahre waren die Trennung von Justiz und Verwaltung, die Gliederung des Landes in Oberämter und Kreise, die Aufhebung der Binnenzölle und die Gleichberechtigung der katholischen und der reformierten Konfession mit der seitherigen evangelisch-lutherischen Staatskonfession.

Bei den Verhandlungen auf dem Wiener Kongreß bestand das Ziel, für das neu zu konstituierende Deutschland eine bundesstaatliche Verfassung zu errichten. Der Erstentwurf des Konzepts für einen Staatenbund wurde von Metternich am 23. Mai 1815 der Versammlung der deutschen Einzelstaaten zugeleitet. Württemberg opponierte gemeinsam mit Bayern gegen diesen Staatenbund. Weil König Friedrich mit einer eigenen Verfassung der Bundesverfassung zuvorkommen wollte, legte er bereits dem am 15. März 1815 einberufenen Landtag ein Staatsgrundgesetz vor. Württemberg unterzeichnete erst am 1. September 1815 die Deutsche Bundesakte und trat damit erst nachträglich dem am 8. Juni 1815 gegründeten Deutschen Bund bei. Der Entwurf des Staatsgrundgesetzes traf auf starken Widerstand der Landstände, die die bisherige auf dem Tübinger Vertrag von 1514 basierende Verfassung wieder in Kraft setzen wollten. Den Landständen gelang es, die Bevölkerung in einer Kampagne für das alte Recht auf ihre Seite zu ziehen. Einer der Protagonisten dieser Bewegung war der Dichter und Politiker Ludwig Uhland, der hierfür eigens das Gedicht Das alte, gute Recht verfasste. Die Kampagne war so wirksam, daß das von König Friedrich vorgelegte Staatsgrundgesetz nicht verabschiedet wurde. Die völlig überarbeitete Verfassung wurde erst durch seinen Nachfolger König Wilhelm I. am 25. September 1819 erlassen.

Politische Konsolidierung nach dem Regierungsantritt König Wilhelms I.

König Wilhelm I. 1822 nach einem Gemälde von Joseph Karl Stieler

 

Das Verhältnis zwischen König Friedrich und seinem Sohn Wilhelm Friedrich Karl, dem späteren König Wilhelm I., war sowohl persönlich als auch politisch von starken Spannungen geprägt. So war es nur folgerichtig, daß der neue König nicht mit dem Namen seines Vaters, sondern mit dem Namen Wilhelm seine Regentschaft antrat und einen umfassenden Politikwechsel einleitete.

Wesentliche Bestandteile der im Zusammenhang mit der neuen Verfassung durchgesetzten Reorganisation der Verwaltung waren die Kommunale Selbstverwaltung und die Trennung von Exekutive und Judikative. Die Verwaltung wurde gestrafft und transparenter gemacht. Die dem Staat und dem König verpflichteten Beamten entwickelten sich rasch zu einer Art Stand und damit zu einer Politischen Klasse, die die Staatsregierung stützte.

Beim Regierungsantritt Wilhelms I. zum 20. Oktober 1816, betrug die Staatsverschuldung fast 25 Millionen Gulden, was nahezu dem Vierfachen der Jahreseinnahmen entsprach. Diese Schulden wurden in den ersten 20 Jahren seiner Regentschaft durch die Finanzminister Weckherlin, Varnbüler und vor allem Herdegen so nachhaltig abgebaut, daß Steuersenkungen ermöglicht wurden. Besonderer Schwerpunkt der Wirtschaftspolitik des Königs war der Ausbau der Landwirtschaft.

Außenpolitisch verfolgte Wilhelm das Ziel, die staatlichen Strukturen in Deutschland weiter zu bereinigen und auf die fünf Königreiche Preußen, Sachsen, Bayern, Hannover und Württemberg sowie das Kaisertum Österreich zu begrenzen. Preußen und Österreich sah er dabei als europäische Mächte an. Die vier anderen deutschen Königreiche sollten durch ein enges Bündnis eine gemeinsame auf die Einigung zu einer dritten deutschen Großmacht ausgerichtete Politik betreiben. Wilhelm strebte die Mediatisierung Badens, Hohenzollerns sowie den Erwerb des Elsaß an. Mittel zu diesem Ziel, welches nie erreicht wurde, sollte die starke familiäre Verbindung mit Rußland sein. Dazu wurde im Jahr 1776 zunächst seine Tante Sophie Dorothee mit dem russischen Thronfolger, dem späteren Zaren Paul, verheiratet. Zur Stärkung dieser Bande erfolgte im Jahr 1818 Wilhelms eigene Heirat mit deren Tochter Katharina. Nachdem Katharina bereits 1819 gestorben war, verfolgte Wilhelm die gemeinsam mit ihr entwickelte Außenpolitik über seine gesamte Regierungszeit weiter. So war es nur folgerichtig, daß sein Sohn und Thronfolger Karl am 13. Juli 1846 die Zarentochter Olga heiratete.

In den Jahren 1846 und 1847 kam es nach Missernten zu Hungersnöten und stärkerer Auswanderung. Die bis dahin relativ „zufriedene“ Grundstimmung der Bevölkerung schlug um. Liberale und demokratische Forderungen wurden mit mehr Nachdruck vertreten. Im Januar 1848 verlangte eine Protestversammlung in Stuttgart ein gesamtdeutsches Bundesparlament, Pressefreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit, Einführung von Schwurgerichten und Volksbewaffnung. Wilhelm I. versuchte zunächst, die Revolution, die ab März 1848 – in der Folge der französischen Februarrevolution (die zur zweiten französischen Republik geführt hatte) – in allen deutschen Staaten um sich griff, in Württemberg durch Entgegenkommen aufzuhalten. Er setzte das liberale Pressegesetz vom 30. Januar 1817 wieder in Kraft und tolerierte eine liberale Regierung unter dem Vorsitz Friedrich Römers. Das am 9. März 1848 eingesetzte Märzministerium war die erste parlamentarisch legitimierte Regierung des Landes. Durch diese Politik wurden während der Märzrevolution größere militärische Auseinandersetzungen im Königreich Württemberg vermieden.

Im April 1849 beschlossen die Regierung und der Landtag die Anerkennung der in der Frankfurter Paulskirche verabschiedeten Reichsverfassung, die einen gesamtdeutschen als kleindeutsche Lösung konzipierten Nationalstaat auf der Grundlage einer demokratisch verfassten konstitutionellen Monarchie vorsah. Wilhelm empfand diesen Beschluß zwar als Demütigung, war aber der einzige Monarch unter den 29 Landesfürsten des deutschen Bundes, die der von der Frankfurter Nationalversammlung verabschiedeten Verfassung zustimmten – die Könige von Preußen, Bayern, Sachsen, Hannover sowie der österreichische Kaiser Ferdinand I. lehnten sie ab.

Die Auflösung des Rumpfparlaments durch württembergische Truppen – nach einer Buchillustration von 1893

 

Nachdem die Nationalversammlung mit der Ablehnung einer deutschen Kaiserkrone durch den preußischen König gescheitert war, faßten die verbliebenen Abgeordneten am 30. Mai 1849 den Entschluß, die Sitzungen nach Stuttgart zu verlegen. Ab dem 6. Juni 1849 tagte diese mitunter spöttisch als Rumpfparlament bezeichnete Rest-Nationalversammlung mit anfangs 154 Abgeordneten unter Parlamentspräsident Wilhelm Loewe (1814–1886) in Stuttgart. Als das Rumpfparlament zur Steuerverweigerung und mit der Unterstützung der Reichsverfassungskampagne zur Erhebung gegen die Regierungen aufrief, wurde es am 18. Juni 1849 durch württembergisches Militär besetzt und nach einem Demonstrationszug der verbliebenen 99 Abgeordneten durch Stuttgart gewaltsam aufgelöst. Die nicht-württembergischen Abgeordneten wurden des Landes verwiesen.

Im August 1849 fanden in Württemberg Wahlen zu einer Verfassunggebenden Versammlung statt, bei denen die Demokraten gegenüber den gemäßigten Liberalen die Mehrheit erreichten. Während die Liberalen die Bindung des aktiven und passiven Wahlrechts an Einkommenshöhe und Vermögen forderten, verlangten die Demokraten ein allgemeines, gleiches und direktes Wahlrecht für alle volljährigen Männer. Ende Oktober 1849 entließ der König die von der Landesversammlung gewählte Regierung unter Friedrich Römer. Die Minister wurden durch beamtete Minister unter Johannes von Schlayer ersetzt. Als die Struktur und die Rechtsgrundlage des Beamtenministeriums durch die Landesversammlung abgelehnt wurden, löste Wilhelm I. sie auf. Zwei weitere Landesversammlungen im Jahr 1850, bei denen die Demokraten ebenfalls jeweils die Mehrheit hatten, wurden ebenfalls aufgelöst. Trotzdem etablierte sich in Württemberg auch danach eine starke liberale und demokratische Opposition.

Karl von Varnbüler war von 1864 bis 1870 leitender Minister

 

Als König Karl 1864 die Regierung antrat, kam er liberalen und demokratischen Forderungen entgegen. Die Pressefreiheit und die Vereinsfreiheit wurden wiederhergestellt, die Gewerbefreiheit und Freizügigkeit wurden garantiert. Die Juden erhielten die vollen Staatsbürgerrechte. Bestehende Heiratsbeschränkungen für Arme wurden aufgehoben. Der konservative Leitende Minister Joseph von Linden wurde durch den eher liberal ausgerichteten Karl von Varnbüler (1809–1889) ersetzt.

Württemberg als Bundesstaat im Deutschen Kaiserreich

 

König Karl war entgegen der Politik seines Vaters ein Verfechter der Bildung eines deutschen Nationalstaats. Als nach dem Krieg Preußens und Österreichs gegen Dänemark 1864 die Spannung zwischen den Bündnispartnern Preußen und Österreich 1866 zum Krieg führte, standen Bayern, Württemberg und Baden auf der Seite Österreichs. Die württembergische Armee wurde am 24. Juli 1866 bei Tauberbischofsheim nur wenige Tage vor dem Waffenstillstand zwischen Preußen und Österreich von preußischen Truppen vernichtend geschlagen. Württemberg schloß daraufhin am 1. August 1866 einen Waffenstillstand mit Preußen. Der Krieg endete am 23. August mit dem Prager Frieden, bei dem Württemberg den kurz zuvor durch Preußen gegründeten Norddeutschen Bund anerkennen und Kriegsentschädigungen an Preußen zahlen mußte.

Zuvor hatte Württemberg, wie auch Bayern und Baden, ein zunächst geheim zu haltendes Schutz- und Trutzbündnis abschließen müssen, in welchem zwar die territoriale Integrität garantiert war, das aber den militärischen Oberbefehl im Kriegsfall an Preußen übertrug. Nach Kriegsende wurde in Württemberg die nationalliberale Deutsche Partei unter Führung von Julius Hölder gegründet, deren Ziel der Beitritt Württembergs zum Norddeutschen Bund war. Ihr stand die demokratische Württembergische Volkspartei gegenüber, die bereits 1864 aus der liberalen Fortschrittspartei hervorgegangen war. Die Volkspartei mit ihrem führenden Kopf Karl Mayer schloß sich mit Konservativen und Vertretern des Katholizismus zu einer Allianz zusammen, deren Ziel die Verhinderung eines von Preußen beherrschten Nationalstaats war.

Im Deutsch-Französischen Krieg war die württembergische Armee gemäß dem abgeschlossenen Bündnis dem preußischen Oberbefehl unterstellt. Während des Krieges schloß Württemberg am 25. November 1870 einen Novembervertrag mit dem Norddeutschen Bund, dem es beitrat. Dieser Beitritt geschah mit der Bundesverfassung vom 1. Januar 1871, in der Reichsverfassung vom 16. April 1871 erhielt Württemberg im Bundesrath vier von 58 Stimmen. Von den 397 Abgeordneten des Reichstags kamen 17 aus Württemberg. Als Reservatrechte wurden dem Land die Verwaltung des Eisenbahn-, des Post- und des Fernmeldewesens, die Einnahmen aus der Bier- und Branntweinsteuer und eine eigene Militärverwaltung unter preußischem Oberbefehl zugestanden.

Der politische Machtverlust des Landes und des Herrscherhauses, der mit dem Eintritt ins Kaiserreich einherging, wurde durch eine starke Besinnung auf die württembergische Identität kompensiert. 1876 wurde die Regierung neu organisiert. Kernstück der Reform war die Einrichtung eines Staatsministeriums unter Ministerpräsident Hermann von Mittnacht. König Karl zog sich in den Folgejahren weitgehend aus dem operativen Regierungsgeschäft zurück und widmete sich gemeinsam mit Königin Olga stärker kulturellen und sozialen Aufgaben. Obwohl er Oberhaupt (Summenepiskopus) der württembergischen evangelischen Landeskirche war, legte er starken Wert auf den Ausbau der Rechte der katholischen Minderheit. Dem Königreich Württemberg blieb dadurch ein Kulturkampf wie in Preußen erspart.

König Karl starb am 6. Oktober 1891. Da er keine leiblichen Kinder hatte, ging die Regentschaft auf Wilhelm II. über, den gemeinsamen Sohn seines Cousins Prinz Friedrich von Württemberg und seiner Schwester Prinzessin Katharina von Württemberg.

König Wilhelm II. Denkmal von Hermann-Christian Wilhelm Zimmerle vor dem Wilhelmspalais in Stuttgart

 

Wilhelm, der sich bereits 1882 mit 34 Jahren aus dem Militärdienst zurückgezogen hatte, stand dem Repräsentationsgehabe Kaiser Wilhelms II. und vieler anderer Regenten der deutschen Bundesstaaten sehr distanziert gegenüber. So ging er im Gegensatz zu seinen Vorgängern keine Heiratsverbindung mit einer der großen europäischen Dynastien ein. Als seine erste Frau Marie von Waldeck-Pyrmont 1882 starb, ließ er sie nicht in der Familiengruft in Schloß Ludwigsburg, sondern bürgerlich auf dem Friedhof in Ludwigsburg beisetzen. Als König residierte er nicht im Stuttgarter Neuen Schloß, sondern wohnte im Wilhelmspalais, das in Größe und Ausstattung einer bürgerlichen Villa der damaligen Zeit entsprach. Er verzichtete auf das damals bei Monarchen übliche Prädikat von Gottes Gnaden auf seinem Briefkopf und trug bürgerliche Anzüge statt Uniformen. Als so genannter Bürgerkönig war er in der Bevölkerung sehr angesehen. Politisch richtete er sich an der Parlamentsmehrheit aus. Seine Amtsführung war eher mit der eines Präsidenten zu vergleichen. Er ernannte zwar der Verfassung entsprechend die Minister, überließ ihnen und dem Landtag aber weitgehend die politische Arbeit. Sein persönlicher Schwerpunkt lag in der Kulturförderung. Hierdurch trug er entscheidend zur Herausbildung einer kulturellen Eigenständigkeit Württembergs im föderalen Kaiserreich bei.

Württemberg war so während der Regentschaft Wilhelms demokratischer organisiert als die anderen deutschen Bundesstaaten. Während in Preußen das Dreiklassenwahlrecht galt, war es in Württemberg fast allen Männer über 25 Jahren möglich, die Zweite Kammer des Landtags zu wählen. Die Wirtschafts- und Sozialstruktur war eher mittelständisch als großindustriell geprägt. Dementsprechend war die Verstädterung und die damit einhergehende Verelendung der Arbeiter geringer als in anderen Teilen des Deutschen Reiches. Dennoch gab es insbesondere in Stuttgart ein nennenswertes und zunehmendes Wohnungselend der Arbeiterschaft. Bürgerliche soziale Initiativen wie der Bau von Arbeiterwohnungen und die Gründung von Konsumvereinen konnten die Not der Arbeiter zwar nicht beseitigen; sie trugen aber dazu bei, dass die Lebensverhältnisse der Unterschicht im Vergleich zum Ruhrgebiet oder zu Berlin deutlich besser waren.

Die Arbeiterbewegung, die sich auch in Württemberg ab der Mitte des 19. Jahrhunderts organisiert hatte, war gemäßigter ausgerichtet als in Preußen. Sie profitierte von der liberalen Politik Karls und Wilhelms II. von Württemberg. Der erste Arbeiterverein war im Mai 1848 in Stuttgart gegründet worden. Die erste gewerkschaftsähnliche Vereinigung war der 1862 ebenfalls in Stuttgart gegründete Gutenberg-Verein der Buchdrucker. Das von 1878 bis 1890 im Deutschen Reich gültige Sozialistengesetz wurde Anfangs mit Strenge gehandhabt, jedoch mit den Jahren in Württemberg wesentlich gemildert. Nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes 1890 gab es auch in Württemberg eine Gründungswelle sozialdemokratischer Vereine.

Die Landtagswahl von 1895 ergab eine starke Mehrheit für die demokratischen Fraktionen. Die Vormachtstellung der Deutschen Partei wurde gebrochen. Die neue Mehrheit bildeten die demokratische Württembergische Volkspartei und das vor der Wahl gegründete katholische Zentrum. Die SPD kam erstmals mit zwei Sitzen in den Landtag. In den Folgejahren wurde der Parlamentarismus ausgebaut.

Erster Weltkrieg und Ende des Königreichs

Am 1. August 1914 stimmte das Königreich Württemberg wie die anderen Bundesstaaten im Bundesrath der Ermächtigung des Reichskanzlers Theobald von Bethmann Hollweg zu, Frankreich und Rußland den Krieg zu erklären. König Wilhelm unterzeichnete daraufhin den Kriegsaufruf an sein Volk am 2. August, obwohl er die allgemeine Kriegsbegeisterung der Bevölkerung nicht teilte. Bis 1918 gab es 508.482 württembergische Kriegsteilnehmer, was mehr als einem Fünftel der Bevölkerung entsprach. 71.641 württembergische Soldaten fielen dem Krieg zum Opfer.

Im Zuge der Novemberrevolution trat die württembergische Regierung am 6. November 1918 zurück, um einer parlamentarischen Regierung Platz zu machen. Am Nachmittag des 9. November wurde im Landtag eine provisorische Regierung aus den beiden sozialistischen Parteien SPD und USPD unter Wilhelm Blos gebildet. König Wilhelm verließ darauf noch am Abend des 9. November Stuttgart und zog ins Jagdschloß Bebenhausen. Am 30. November erklärte er seinen Thronverzicht und nahm den Titel eines Herzogs von Württemberg an. Württemberg wurde als Volksstaat Teil der Weimarer Republik.

Staatsaufbau und Verwaltung

Verfassung

Die Verfassung des Königreichs Württemberg wurde am 25. September 1819 von König Wilhelm I. erlassen. Sie umfaßte zehn Kapitel mit insgesamt 205 Paragrafen. In Kapitel I wurde Württemberg als Staat und als Teil des Deutschen Bundes definiert. Kapitel II definierte den König als Staatsoberhaupt und regelte die Thronfolge. Der König war alleiniger Inhaber der Staatsgewalt, die er jedoch nur im Rahmen der Verfassung ausüben konnte (§ 4). Unter anderem ernannte und entließ er die Mitglieder der im Geheimen Rat vertretenen Regierung (§ 57). Er vertrat den Staat nach außen (§ 85), hatte das Initiativrecht für die Gesetzgebung (§ 172), erließ die Verordnungen (§ 89) und hatte die Oberaufsicht über die Gerichtsbarkeit (§ 92). Kapitel III regelte die staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. Der Staat wurde verpflichtet, die Bürgerrechte zu sichern (§ 24), zu denen unter anderem die Freiheit der Person, die Freizügigkeit, die Gewerbefreiheit (§ 29) und das Eigentum (§ 30) gehörten. Die Pressefreiheit (§ 28) stand unter einem Gesetzesvorbehalt.  1848 wurde das Ministerium des Kirchen- und Schulwesens aus dem Innenministerium ausgegliedert. Es galt das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung. Kapitel VI definierte das Verhältnis der drei im Königreich vorhandenen christlichen Kirchen zum Staat. Kapitel VII befasste sich mit der Ausübung der Staatsgewalt. Die Gesetzgebung war an die Zustimmung der Landstände gebunden (§ 88); alle Gesetze mussten konform zur Verfassung sein (§ 91). Die Gerichtsbarkeit war unabhängig (§ 93).

Nach der Deutschen Revolution von 1848 wurde eine verfassungsgebende Landesversammlung eingerichtet und nach ihrer Wahl vom König wieder aufgelöst. Zu nennenswerten Änderungen der Verfassung und ihrer Anwendung kam es durch die Reichsgründung 1871 und durch die Verfassungsgesetze von 1906 und 1911. 1906 wurde das Zweikammersystem neu definiert, so daß in der zweiten Kammer nur noch vom Volk gewählte Abgeordnete vertreten waren. Bei der Verfassungsänderung von 1911 wurde der Geheime Rat endgültig abgeschafft.

Verwaltungsgliederung

Das Königreich Württemberg wurde 1810 in zwölf Landvogteien eingeteilt, die sich in 64 Oberämter gliederten. 1818 wurden die zwölf Landvogteien durch vier als Kreise bezeichnete Regierungsbezirke ersetzt, die bis 1919  auch so bestanden. Der Donaukreis hatte seinen Sitz in Ulm, der Neckarkreis in Ludwigsburg, der Jagstkreis in Ellwangen und der Schwarzwaldkreis in Reutlingen.

Grundzüge der Kommunalverwaltung

Nach der Verfassung von 1819 galt in den württembergischen Gemeinden das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung, deren praktische Ausgestaltung durch das Verwaltungsedikt vom 1. März 1822 festgelegt wurde. Der Ortsvorsteher, der in den Städten als Stadtschultheiß und in den Dörfern als Schultheiß bezeichnet wurde, wurde von den wahlberechtigten Bürgern aus drei Bewerbern auf Lebenszeit gewählt. Er vertrat die Gemeinde und führte den Vorsitz im Gemeinderat. Der Gemeinderat bestand je nach Größe der Gemeinde aus sieben bis 21 Mitgliedern, die ebenfalls auf Lebenszeit gewählt waren. Durch Gesetz vom 6. Juli 1849 wurde die Wahl der Gemeinderäte auf Lebenszeit abgeschafft und durch eine sechsjährige Wahlperiode ersetzt. Die Wahl der Ortsvorsteher auf Lebenszeit wurde erst durch die Gemeindeordnung vom 28. Juli 1906 abgeschafft.

Hauptaufgaben der Gemeinde waren die Wohlfahrtspflege, das Schulwesen und die Angelegenheiten der Ortspolizei. Die Gerichtsbarkeit lag nicht bei den Gemeinden. Nach dem Polizeistrafgesetzbuch vom 2. Oktober 1839 erhielten der Gemeinderat und der Ortsvorsteher für definierte Strafsachen eine Strafbefugnis.

Seit der Verwaltungsreform nach dem Regierungsantritt Wilhelms I. wurde die Verwaltung von der Judikative getrennt. Hierzu wurde in jedem Oberamt ein Oberamtsgericht mit einem Oberamtsrichter als Vorsitzendem eingerichtet. Dem Oberamtsgericht waren zur Durchführung der formalen Rechtsgeschäfte im Oberamt und den zugehörigen Gemeinden Gebietsnotare und ihnen zuarbeitende Amtsnotare unterstellt.

Grundzüge des Heerwesens

Württemberg besaß bereits vor dem Zeitpunkt seiner Gründung als Königreich 1806 bis zum Ende der Monarchie in der Novemberrevolution 1918 und noch kurze Zeit darüber hinaus eine eigene Armee, die jedoch mit der Reichsgründung 1871 in die Kommandostrukturen der preußischen Armee eingebunden wurde und somit von 1871 bis 1918 ein Teil des Deutschen Heeres war. Während das Nachbarkönigreich Bayern seine volle Militärautonomie in Friedenszeiten über das Jahr 1871 hinaus behalten durfte, konnte Württemberg diesen Autonomiegrad nach der Reichseinigung nicht durchsetzen. Württemberg blieb ähnlich dem Königreich Sachsen eine eingeschränkte Militärhoheit erhalten. Das im Jahre 1806 gegründete württembergische Kriegsministerium bestand noch bis 1919 weiter.

Für den Rußlandfeldzug im Jahre 1812 steuerte Württemberg 15.800 Mann, 3.400 Pferde und 30 Geschütze zur Grande Armée bei. Davon kamen 2.400 Mann bis Moskau durch, jedoch ging das Kontingent beim Rückmarsch nach Einbruch des Winters durch Erfrierungen, Krankheiten und die verfolgende Russische Armee bis auf wenige hundert Mann elend zu Grunde. Nach dieser militärischen Katastrophe musste Württemberg 1813 noch einmal 11.600 Mann und 2.700 Pferde für Napoleon gegen die Koalition von Russland, Preußen und Österreich in Marsch setzen. Dabei erlitt die Truppe erneut empfindliche Verluste in den Schlachten bei Bautzen, Lauban, Groß-Görschen und Dennewitz.

Nachdem sich Württemberg zum Ende des Jahres 1813 vom Bündnis mit Napoleon losgesagt hatte und ins Lager der Verbündeten Mächte gegen Frankreich gewechselt war, wurden 1814 24.000 Mann, 2.900 Pferde und 24 Geschütze der württembergischen Armee zum Vormarsch nach Paris aufgeboten.

Als 1816 König Wilhelm I. den Thron bestieg, organisierte er das Heerwesen 1817 neu, was hauptsächlich auf die Reduzierung der Truppenzahl hinauslief. Die württembergische Armee bestand zu Zeiten des Deutschen Bundes aus acht Regimentern Infanterie mit je zwei Bataillonen zu vier Kompanien. Es bestand allgemeine Wehrpflicht mit einer Dienstzeit von sechs Jahren, jedoch konnten sich die Rekruten nach der Grundausbildung beurlauben lassen. Deshalb waren zu Anfangszeiten der Regierung König Wilhelms I. tatsächlich nur noch etwa 6.500 Mann im ständigen Dienst.

Der nächste Kriegseinsatz erfolgte im Deutschen Krieg gegen Preußen. Im Rahmen des VIII. Bundesarmeekorps waren württembergische Einheiten in die Gefechte bei Tauberbischofsheim verwickelt. Die Niederlage ebnete 1867 den Weg für eine Heeresreform nach preußischem Vorbild, welche vom späteren Kriegsminister Albert von Suckow durchgeführt wurde.

Seit 1871 unterstand das württembergische Heer dem Generalkommando des XIII. Armeekorps mit Sitz in Stuttgart. Die 1. königlich württembergische Division wurde zur 26. Division mit Sitz des Divisionskommandos in Stuttgart und die 2. königliche württembergische Division zur 27. Division mit Sitz in Ulm.

Nationale Symbole

Wappen des Königreichs ab 1817

 

Das Wappen des Königreichs Württemberg bestand aus einem ovalrunden mit goldenem Eichenkranz umwundenen Schild, der in zwei Hälften geteilt war. In der linken Hälfte waren die drei liegenden Hirschstangen des Hauses Württemberg abgebildet, rechts die drei staufischen Löwen des ehemaligen Herzogtums Schwaben. Schildhalter waren ein schwarzer Löwe und ein goldener Hirsch. Die Schildhalter standen auf einem rot-schwarzen Band mit der Inschrift Furchtlos und trew. Über dem Schild saßen ein Helm und die Königskrone.

Die Flagge des Königreichs war oben schwarz und unten rot. Diese Landesfarben wurden per Dekret von König Wilhelm I. am 26. Dezember 1816 eingeführt. Sie lösten die erst am 14. Dezember 1809 eingeführten Farben Schwarz-Rot-Gold ab. Diese Änderung war nicht zuletzt vor dem Hintergrund geschehen, dass Trikoloren während der Vorherrschaft Frankreichs in Europa beliebt geworden waren. Nach den Befreiungskriegen war die damit verbundene revolutionäre Symbolik verpönt; jedoch waren Rot-Gelb nun auch die Landesfarben des neuen Nachbarn Baden, und Schwarz-Gelb waren die habsburgischen Farben, so daß als einzige zweifarbige Kombination Schwarz-Rot übrig geblieben war.

Währung

Bis 1875 war die Währung des Königreichs Württemberg der Gulden. Ein Gulden bestand aus 60 Kreuzern. Nach der Gründung des Deutschen Reichs wurde durch das Deutsche Münzgesetz vom 9. Juli 1873 und durch die kaiserliche Verordnung vom 22. September 1875 die Goldmark mit Wirkung vom 1. Januar 1876 eingeführt. Der Gulden konnte noch fünf Jahre parallel verwendet werden. Der Umtauschkurs für einen württembergischen Gulden betrug 1,71 Mark für einen Gulden.

1 Gulden (1841), vorne

1 Gulden (1841), rückseitig

6 Kreuzer (1845)

Wirtschaftliche Entwicklung

Im Jahre 1817 gab es in Württemberg mit seinen etwa 1.380.000 Einwohnern insgesamt 134 Städte. Davon zählten nur fünf Städte mehr als 6.000 Einwohner, nämlich Stuttgart mit 26.306 Einwohnern, Ulm mit 11.417 Einwohnern, Reutlingen mit zirka 9.000 Einwohnern, Heilbronn mit 6.830 Einwohnern und Tübingen mit 6.630 Einwohnern.

Das Königreich Württemberg setzte sich aus den Gebieten Altwürttembergs mit einer überwiegend evangelischen Bevölkerung (zirka eine Million Protestanten) mit einem Hang zum Pietismus und den in starkem Maße vom Katholizismus geprägten Gebieten Neuwürttembergs zusammen (zirka 400.000 Katholiken). In Altwürttemberg gab es die Praxis der Realteilung im Erbrecht. Diese führte dazu, daß die Bauernhöfe immer kleinere Grundstücke zur Bewirtschaftung zur Verfügung hatten. Die ländliche Bevölkerung hatte notgedrungen ihr Auskommen durch einen zusätzlichen Beruf, ein Handwerk, zu bestreiten. So entstand schon früh eine aus Not und Mangel geborene Tüchtigkeit, die ja noch heute für die Schwaben, als die sich die Württemberger gerne selbst bezeichnen, sprichwörtlich ist. In den neuwürttembergischen Gebieten stellte sich dies bedingt durch das dort eher verbreitete Anerbenrecht etwas anders dar. Dort konnte ein Bauer oft ein relativ wohlhabender Mann sein. Anfang des 19. Jahrhunderts waren noch mehr als zwei Drittel der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig.

Während die Agrarpreise im Hungerjahr 1816 aufgrund des Mangels extrem anstiegen und die Wucherei auf Kosten der Notleidenden ein allseits zu bekämpfendes Problem war, verfielen sie seit 1817 zusehends. Der Preisverfall führte bis 1826 zu einer regelrechten Agrarkrise und damit einhergehend zur Verarmung der bäuerlichen Bevölkerung. Bereits 1844 kündigte sich eine neue Wirtschaftskrise mit Inflation und Arbeitslosigkeit an, die in einem neuerlichen Hungerjahr 1847 mit Hungerrevolten gipfelte. Die Agrarkrise hielt noch bis etwa 1855 an.

Das Königreich blieb im Grunde während der ganzen Regierungszeit König Wilhelms I. mehr oder weniger deutlich von den Auswirkungen des Pauperismus gekennzeichnet. Überwiegend aus wirtschaftlich-sozialen Gründen wanderten von 1815 bis zur Gründung des Deutschen Reichs 1871 mindestens 400.000 Württemberger nach Osteuropa oder Amerika aus, was einem Jahresdurchschnitt von 4.200 Menschen entspricht. Allein von 1800 bis 1804 wanderten etwa 17.500 Personen hauptsächlich nach Osteuropa aus, ehe ein Verbot König Friedrichs, das von 1807 bis 1815 galt, die Auswanderung untersagte. Nach Aufhebung des Verbots stieg die Zahl der Auswanderer 1816 und 1817 sprunghaft an. Sie betrug jeweils etwa 20.000 Personen pro Jahr. Als Gründe für die Auswanderung kamen nicht nur Armut und Arbeitslosigkeit, sondern auch die drückende Steuerlast und die verbreitete Willkür der Obrigkeit zum Tragen. Namentlich das elende Schreibereiwesen führte zum Entschluß, der Heimat den Rücken zu kehren, weil unter diesen staatlichen Repressionen für viele keine Entfaltungsmöglichkeit für die Zukunft ersichtlich schien.

Mittelständisch geprägte Industrialisierung in Württemberg

Der in seiner Zeit verkannte Nationalökonom Friedrich List hatte viele Gedanken vorformuliert, die Württemberg ganz allmählich halfen, aus seiner wirtschaftlichen Misere herauszukommen. Dazu gehörte die Gründung des Süddeutschen Zollvereins 1828 und des Deutschen Zollvereins 1834, an deren Zustandekommen König Wilhelm I. ein großes Interesse hatte genauso wie die stetige Verbesserung der Land- und Wasserstraßen.

Schloß Rosenstein mit dem Rosensteintunnel nach 1846 zur Zeit der Eröffnung der Eisenbahnlinie Stuttgart-Esslingen

 

Ein ebenfalls von Friedrich List propagierter Gedanke war der Ausbau des Eisenbahnverkehrs in Deutschland. 1843 wurde in Württemberg eine Staatseisenbahn gegründet. Dies war eine große und weitschauende Investition in die Zukunft des Landes, denn zu diesem Zeitpunkt konnte sich das arme Agrarland eine eigene Eisenbahn durch das topografisch schwierige Gelände eigentlich gar nicht leisten. Der Entschluss zur Gründung der Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen war gleichzeitig der Entschluß zur Schuldenwirtschaft. Die Staatsschuld stieg von umgerechnet 36 Millionen Mark im Jahre 1845 auf 653 Millionen Mark im Jahre 1913, wobei 633 Millionen auf das Konto der Staatseisenbahn entfielen. Dennoch war die Geschichte der Eisenbahn in Württemberg eine Erfolgsgeschichte, die sich für das Land langfristig bezahlt machte.

Die Regierung setzte sich im Verbund mit Ferdinand von Steinbeis sehr für die Förderung von Landwirtschaft, Gewerbe, Handel und Industrie ein. Im Jahre 1861 kam es zur Gründung der Stuttgarter Börse, obwohl es im Land immer noch kaum große Unternehmen gab. Oft stellte die Finanzierung größerer Unternehmungen noch ein Problem dar, weil es ein nur wenig entwickeltes Bank- und Kreditwesen im Land gab. Eine Ausnahme stellte die Königlich Württembergische Hofbank in Stuttgart dar, welche auf die Gründung der Familie von Madame Kaulla zu Beginn des 19. Jahrhunderts zurückging. Die Hofbank wickelte nicht nur die Geldgeschäfte des Königs ab, sondern gewährte auch Gründungsdarlehen. Bedeutendes auf diesem Gebiet wurde später auch von Kilian von Steiner geleistet. Wie sehr in Württemberg im Jahr 1861 noch der Mittelstand und das Handwerk dominierte, zeigt sich in der Zahl der Handwerksbetriebe: Auf 1.000 Württemberger kamen etwa 85 Handwerksbetriebe, eine im Vergleich zum übrigen Deutschland ungewöhnlich hohe Dichte.

Nach der Gründung des Deutschen Reichs wurde der Gulden als Währung durch die Mark abgelöst; als neues Maßsystem wurde das metrische System eingeführt. Das seit etwa 20 Jahren stetige Wirtschaftswachstum trat mit der Gründerzeit in eine heiße Boomphase, die 1873 im Wiener Börsenkrach einen gehörigen Dämpfer erfuhr. In wirtschaftlicher Hinsicht konnte das Königreich Württemberg keinen großen Beitrag zur sich bald wieder entfaltenden Dynamik des von 1871 bis 1918 bestehenden deutschen Kaiserreichs leisten. Der Anteil der Württemberger an der Reichsbevölkerung ging von 4,4 Prozent im Jahre 1871 über 4,1 Prozent im Jahre 1891 auf 3,7 Prozent im Kriegsjahr 1916 zurück. Im Jahre 1913 betrug das durchschnittliche Einkommen je Einwohner in Württemberg 1.020 Mark, was nur etwa 88 Prozent des Durchschnittswerts im Reich war. Der noch immer sehr ländliche und kleinstädtische Charakter des Landes im Vorfeld des Ersten Weltkriegs ist auch aus den folgenden Zahlen ersichtlich.

Daimlers Motorkutsche von 1886 (Modell)

 

Für die in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts im großen Stil einsetzende Industrialisierung können für Württemberg große Namen wie der aus der Schorndorfer Zunfttradition entstammende Automobilpionier Gottlieb Daimler, der in Cannstatt die Daimler-Motoren-Gesellschaft gründete, und sein Wegbegleiter Wilhelm Maybach genannt werden. Nicht weniger bekannt ist der Elektrotechniker Robert Bosch, der Gründer der Robert Bosch GmbH. Weitere bekannte Namen aus ganz unterschiedlichen Branchen dieser Zeit sind zum Beispiel:

Mit dem Boom der Industrie setzte auch die Elektrifizierung des Landes ein. In der Regierungszeit des letzten Königs von Württemberg entstanden über 240 Elektrizitätswerke. Damit konnten im Jahre 1916 bereits 1800 der 1899 Gemeinden Württembergs mit elektrischem Strom versorgt werden. Die mit dem Ersten Weltkrieg einhergehende Kriegswirtschaft unterbrach die frühe Erfolgsgeschichte vieler Unternehmen und bedeutete für weite Teile der Bevölkerung Mühsal, Entbehrung und den Tod naher Angehöriger, oft des Familienvaters und Ernährers. In die Fabriken zogen während des Kriegs erstmals in großer Zahl Frauen als dringend benötigte Ersatzarbeitskräfte ein.

Pietismus

Äußere Zeichen des Pietismus waren die als Tugenden beschworenen Prinzipien von Ordnung, Pflichtbewußtsein und Fleiß. Die diesem Teil der württembergischen Bevölkerung nachgesagten Eigenschaften wie Sparsamkeit, Beharrlichkeit, Zähigkeit und Arbeitsamkeit waren oft begleitet von einer landesüblichen beinahe sprichwörtlichen Schroffheit und Reserviertheit. Allzu große Höflichkeit erweckte Argwohn. Ausgelassenheit, Protz und Pomp wurden abgelehnt, so daß die schönen Künste in Altwürttemberg von jeher einen schweren Stand hatten.

Empfang eines neuen Pfarrers durch seine Gemeinde im Schwarzwald. Gemälde von Robert Heck, mit welchem sich das Königreich Württemberg 1867 auf der Weltausstellung in Paris dem Ausland präsentierte

 

In Altwürttemberg galt das Wort der Bibel und der Ehrbarkeit, jener seit dem Tübinger Vertrag herausgebildeten Schicht von einflussreichen Stadtbürgern und evangelischen Geistlichen. Altwürttemberg war ein Herzogtum frommer Bürger, weniger des Adels und der Bauern.

Katholizismus

Die Basilika St. Vitus in Ellwangen um 1849

Die Katholiken waren im Königreich Württemberg eine starke Minderheit. In Oberschwaben und dem württembergischen Allgäu betrug der Katholikenanteil weit über 90 Prozent. Die Katholiken unterschieden sich vielerorts schon äußerlich von den Protestanten.

Im Zuge der Landflucht und der beginnenden Industrialisierung wuchsen die katholischen Pfarrgemeinden der bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts rein evangelischen Landeshauptstadt Stuttgart und der Nachbarstadt Cannstatt, aber die Katholiken befanden sich hier während der gesamten Geschichte des Königreichs in der Diaspora. So kam es besonders in der Landeshauptstadt auch zu konfessionell gemischten Ehen, welche aus katholischer Sicht aber ein Problem darstellten, falls die Kinder einer solchen Ehe nicht katholisch getauft und erzogen wurden. Der württembergische Staat stellte sich gegen diese Haltung und schreckte auch nicht davor zurück, Priester aus ihrer Gemeinde zu entfernen, falls diese die Einsegnung einer gemischt konfessionellen Ehe ablehnten. Dieses Thema führte zu immer wieder aufkeimender Polemik evangelischer Kreise und nährte Ressentiments gegen die katholische Minderheit, daß diese auf dem Wege der Heirat den Protestantismus schwächen und unterwandern wolle.

Bevölkerungsentwicklung

Bürgerrechts-Verzichts-Urkunde zum Zweck der Auswanderung (1869)

Bis zur Gründung des Deutschen Kaiserreiches emigrierten insgesamt zwischen 400.000 und 430.000 Menschen aus dem Königreich Württemberg. Die Wanderungsbewegungen fanden vor allem in den Krisenjahren 1816/17, 1846/47 und 1852 bis 1854 ihren Höhepunkt. Hiervon betroffen waren vor allem die dicht bevölkerten Gebiete im Neckarkreis und im Schwarzwaldkreis. Hauptmotiv für die Auswanderungen waren wirtschaftliche Notlagen; die Auswanderer kamen überwiegend aus der Landwirtschaft und dem Handwerk. Zielländer waren in Osteuropa und vor allem die Vereinigten Staaten von Amerika. Trotz dieser Verluste durch Emigration und einer Kindersterblichkeit von über 30 Prozent stieg die Einwohnerzahl zwischen 1812 und 1849 um zirka 360.000 an. Diese Entwicklung wurde mit dem Krisenjahr 1846 abrupt unterbrochen. Die Zahl der Eheschließungen und die Geburtenziffer gingen deutlich zurück, während die Emigrationszahlen sprunghaft anstiegen. Bis 1867 wuchs die Einwohnerzahl nur um knapp 34.000 Menschen.

 

100 Jahre nach der Novemberrevolution von 1918/19, welche durch deutsche Parteien und Geheimbünde initiiert wurde, ist bewiesen, daß Kaiser Wilhelm II. entgegen aller geltenden Gesetze und der Verfassung, abgedankt wurde. Dadurch konnte Deutschland der sozialistisch-marxistischen Weltanschauung “Demokratie” geopfert werden, obwohl mit der Verfassungsänderung zum  28. Oktober 1918 durch die beiden gesetzgebenden Organe Bundesrath und Reichstag, der Weg von der Konstitutionellen Monarchie zu einer Parlamentarischen Monarchie geschaffen wurde.

Weblinks

Die Bezugsseite https://de.wikipedia.org/wiki/Königreich_Württemberg wurde am 18. Februar 2019 übernommen und korrigiert, bzw. im Sinne der Wiederherstellung des Deutschen Reiches gekürzt.

Wiedererlangung der Reichs- und Staatsangehörigkeit

Eintragung in das Personenstandsregister Deutschland

Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des Bundesstaat Württemberg

Wiederherstellung der Gemeinden des Bundesstaat Württemberg

Kontakt zum Minister des Bundesstaates Württemberg

Kontakt Württemberg

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Sachsen

Königreich Sachsen

Königreich Sachsen
Wappen Flagge
Großes Mantelwappen des Königreichs Sachsen Flagge des Königreichs Sachsen
Lage im Deutschen Reich
Lage des Königreichs Sachsen im Deutschen Kaiserreich
Landeshauptstadt Dresden
Regierungsform Monarchie
Staatsoberhaupt König
Dynastie Wettiner
Bestehen 1806–1918
Fläche 14.993 km²
Einwohner 4.806.661 (1910)
Bevölkerungsdichte 320 Einwohner/km²
Entstanden aus Kfstm. Sachsen
Aufgegangen in Freistaat Sachsen
Stimmen im Bundesrath 4 Stimmen
Kfz-Kennzeichen I, II, III, IV, V
Karte
Karte des Königreichs Sachsen 1815–1918

Das Königreich Sachsen entstand aus dem Kurfürstentum Sachsen und existierte von 1806 bis 1918. Es gehörte von 1806 bis 1815 dem Rheinbund und von 1815 bis 1866 dem Deutschen Bund an. Seit 1867 war es Bundesstaat des Norddeutschen Bundes und von 1871 bis 1918 des Deutschen Reiches. Die Hauptstadt war Dresden

Geografie

Gebietsstand 1806/07

Königreich Sachsen 1806/07 (Hauptkarte) und nach den Gebietsabtrennungen vom Mai 1815 (Nebenkarte)

Hervorgegangen ist das Königreich aus dem Kurfürstentum Sachsen, dessen um 1800 erreichter Gebietsstand hauptsächlich im Ergebnis der Übertragung der sächsischen Kurwürde an die wettinischen Markgrafen von Meißen 1423, dem Übergang der Kurwürde von den ernestinischen an die albertinischen Wettiner nach der Wittenberger Kapitulation 1547 sowie dem Zugewinn von Ober- und Niederlausitz im Prager Frieden 1635 resultierte.

Das Königreich umfasste Ende 1806

Geschichte des Königreiches

Grenzen des Königreichs Sachsen nach dem Wiener Kongreß

Auswirkungen der Französische Revolution

Die sächsische Bauernrevolution 1790

 

Der Vorläuferstaat des Königreichs war das Kurfürstentum Sachsen. Dieses hatte sich seit Ausgang des Mittelalters zu einem komplexen Territorialkomplex in der Mitte Deutschlands entwickelt. Es gehörte bis zu den Schlesischen Kriegen zu den bedeutendsten protestantischen Staaten des Heiligen Römischen Reichs, wurde dann aber vom nördlichen Anrainer Brandenburg-Preußen verdrängt. Die politische Bedeutung Sachsens war nach 1763 deutlich geschrumpft. Dafür florierte die Wirtschaft und eine hoch entwickelte Städte- und Gewerbelandschaft prägte den prosperierenden Kurstaat zum Ausgang des 18. Jahrhunderts.

Zu dieser Zeit kündigten sich umfassende Veränderungen in Europa an. Die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wurden im Zuge der französischen Revolution nach 1789 in ganze Europa neu geordnet. Die revolutionären Gedanken aus Frankreich wurden auch hier gehört. Aufstände wie in Frankreich brachen aber zunächst noch nicht aus. Erst 1790 kam es zum Sächsischen Bauernaufstand gegen die repressive Obrigkeit der Landbesitzer und war weniger gegen die Regierung gerichtet. Diese Unruhen hatten aber nicht dieselbe Dynamik wie in Frankreich und wurden im September 1790 militärisch unterdrückt. Teile des Bürgertums sowie die Intelligenz intensivierten unter dem Einfluß des revolutionären Gedankengutes ihre Kritik an der absolutistischen Herrschaft im Kurfürstentum Sachsen. Dem setzte der sächsische Staat Zensurvorschriften an den Universitäten des Landes und polizeiliche Untersuchungen einschließlich empfindlicher Strafen gegen bekannte Wortführer entgegen.

Die europäischen Monarchien versuchten in den 1790er Jahren die revolutionäre Gefahr, die von der französischen Revolution ausging, zu unterdrücken und ein weiteres Ausgreifen in andere Länder zu unterbinden und das System der Ancien Régimes wieder zu stabilisieren. Dadurch kam es zu schweren kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa. Gemäß der Pillnitzer Deklaration gehörte Sachsen zu den Ländern, die an der Seite Preußens gegen die Französische Revolution kämpften. Das revolutionäre Frankreich stabilisierte sich, schlug die Invasoren zurück und begann sich bis tief auf das Territorium des Heiligen Römischen Reichs auszudehnen. Durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803 wurden 112 der kleineren und größeren Herrschaftsbereiche als Reichsstände aufgelöst, was einer Neuordnung des deutschen Reichsgebietes gleichkam. Als am 16. Juli 1806 die unter französischer Vorherrschaft im Rheinbund zusammengeschlossenen Herrschaften ihren Austritt aus dem Reich erklärten, legte Kaiser Franz II. am 6. August 1806 nach einem Ultimatum Napoleons die römisch-deutsche Kaiserkrone nieder. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation hatte aufgehört zu bestehen.

Krieg mit Frankreich an der Seite Preußens

Stadtansichten von Leipzig 1804–1850
 (1/18) 

Der Markt aus der Petersstraße, Leipzig 1804

 

Die Situation war für das im europäischen Maßstab nicht sehr bedeutende Kursachsen schwierig. Bis 1806 verfolgte Kurfürst Friedrich August III. deshalb peinlich genau ein politisches Konzept, welches weitgehend auf eine aktive Außenpolitik verzichtete und auf den Grundsätzen von Neutralität, Treue zur Reichsverfassung und Friedenssicherung basierte. Dazu gehörte auch die exakte Einhaltung einmal getroffener Bündnisverpflichtungen. Um nicht in Konflikt mit den Teilungsmächten Polens, Rußland und Österreich zu geraten, hatte Friedrich August 1792 auf die polnische Königskrone verzichtet. Auch als Europa nach 1804 machtpolitisch in zwei Lager auseinanderdriftete, mit einem um Österreich erweiterten englisch-russischen Offensivbündnis einerseits und den um das Kaiserreich Frankreich gescharten Rheinbundstaaten andererseits, glaubte Kursachsen eine Zeit lang, sich aus den weltpolitische Dimensionen annehmenden Auseinandersetzungen heraushalten zu können. Das Festhalten an einer konsequenten Neutralitätspolitik war aus sächsischer Sicht verständlich, schließlich hatte sie eine 40-jährige Friedenszeit garantiert.

Nach dem Zerfall des Reiches stand die Landesherrschaft aber allein ohne Bündnispartner da. Auf Initiative Preußens traten Sachsen und Hessen-Kassel in Vertragsverhandlungen zur Bildung eines Norddeutschen Bundes (Defensivbündnis) als Gegengewicht zum Rheinbund ein. Diese Anlehnung an Preußen zog Kursachsen in den grundsätzlichen Konflikt mit dem Napoleonischen Frankreich hinein. Es kam zwar zu keinem Abschluß eines formalen Bündnisvertrags mit Preußen, dennoch vereinigten sich die 22.000 sächsischen Soldaten mit dem preußischen Hauptheer im Herbst 1806 um sich der französischen Invasion entgegenzustellen. So standen die sächsischen Truppen mit Preußen auf den Schlachtfeldern von Jena und Auerstedt (1806) im Krieg gegen das napoleonische Frankreich, das nach der europäischen Vorherrschaft strebte. Hier erlitt das vereinte preußisch-sächsische Heer eine vernichtende Niederlage gegen Napoleon. Ganz Sachsen wurde in der Folge besetzt. In Dresden zogen 10.000 bayerische Soldaten sowie ein französischer Stadtkommandant ein. Leipzig war am 14. Oktober 1806 vom französischen Marschall Louis-Nicolas Davout besetzt worden und mußte eine Million Taler für die Stationierung der feindlichen Soldaten in der Stadt aufwenden. Frankreich war aber bemüht, die Allianz Sachsens mit Preußen zu beenden und die Rolle als sächsische Schutzmacht von Preußen zu übernehmen.

Sachsen wurde in vier Arrondissements eingeteilt. Die Verwaltungsmittelpunkte nach dieser Gebietsreform waren Naumburg, Leipzig, Wittenberg und Dresden. Das öffentliche Leben wurde nun von der französischen Verwaltung dominiert, welche sich vor allem um die Eintreibung der Kontributionen, die Beschlagnahme aller Steuergelder sowie des kurfürstlichen Eigentums, die Konfiszierung aller englischen Waren und den Unterhalt von Militärlazaretten kümmerte. In Naumburg, Leipzig, Wittenberg, Dresden, Weißenfels und Merseburg wurden französische Garnisonen eingerichtet. Die sächsischen Verwaltungsorgane blieben zwar bestehen, waren aber an die Vorgaben Napoleons und seiner Beamten gebunden.

Frieden mit Frankreich und Beitritt zum Rheinbund

Rheinbund 1812

 

Mit der Unterzeichnung des Posener Friedensvertrages zwischen Frankreich und Sachsen schied Sachsen aus dem Vierten Koalitionskrieg aus. Im Posener Frieden mußte das von Napoleon besetzte Sachsen dem Rheinbund beitreten (Art. 2) und verschiedene in Thüringen gelegene Gebiete abtreten (Art. 7), erhielt dafür aber als Entschädigung die preußische Enklave um Cottbus zugesagt (Art. 6) und wurde nach Bayern und Württemberg nun ebenfalls zum Königreich erhoben (Art. 3). Außerdem wurde in Sachsen das römisch-katholische dem evangelisch-lutherischen Bekenntnis rechtlich gleichgestellt (Art. 5). Die Schattenseite des Vertrags von Posen war die zunehmende Abhängigkeit Sachsens von Frankreich.

Erhebung zum Königreich

Am 20. Dezember 1806 erfolgte die Ausrufung des regierenden Kurfürsten Friedrich August des Gerechten zum König von Sachsen. Die Verkündung stieß auf kein besonderes Echo, vermutlich deshalb, weil der Königstitel seit mehr als einhundert Jahren in Sachsen geläufig war. Die Königswürde empfing Friedrich August gleichwohl erst Ende 1806 aus der Hand Napoleons und diesmal nun als sächsische Krone; wenige Monate danach wurde er allerdings auch als Herrscher in Polen eingesetzt.

Bei der Annahme der Königswürde erklärte König Friedrich August I. öffentlich, daß er die bisherige ständische Verfassung Sachsens unverändert beibehalten werde. Er bestätigte dies ein weiteres Mal am 10. Mai 1807 anläßlich einer Ständeversammlung. Damit blieb das komplizierte System einer Koexistenz von nicht weniger als 20 unterschiedlichen Gebietsverfassungen innerhalb Sachsens bestehen, die alle eigene Behörden, Verwaltungen, Gerichtsverfassungen und ständische Korporationen hatten und von der zentralen Verwaltung in Dresden relativ unabhängig agierten. An Reformbestrebungen mangelte es nicht: Zwischen 1808 und 1815 erschienen nicht weniger als 43 Schriften zum Problem umfassender Reformen im Königreich Sachsen. Doch die Vereinheitlichung der verschiedenen Landesteile und ihrer Verfassungen, die Einführung von Fachministerien, die Vereinfachung der Prozessordnung oder die Trennung von Verwaltung und Justiz blieben unerfüllte Träume der zumeist bürgerlichen sächsischen Reformer.

Im Französisch-Österreichischen Krieg von 1809 erklärte das Königreich Sachsen als Mitglied des Rheinbundes am 24. April Österreich offiziell den Krieg. Dresden wurde am 11. Juni 1809 von österreichischen Truppen kurzzeitig besetzt, bevor es von französischen Truppen befreit wurde. An der entscheidenden Schlacht bei Wagram am 4. Juli 1809 kämpften auf französischer Seite auch sächsische Truppen und erlitten dort hohe Verluste.

Niederlage und Teilung des Königreichs auf dem Wiener Kongreß 1815

Im Vorfeld der Völkerschlacht bei Leipzig überquert Napoleon Bonaparte im August 1813 die Elbe bei der Schlacht von Dresden.

Einzug der alliierten Heerführer, angeführt von Feldmarschall Karl Philipp Fürst Schwarzenberg, am 19. Oktober 1813 auf den Leipziger Markt (idealisierte Darstellung)

Territoriale Entwicklung Sachsens zwischen 1815 und 1990

Das Königreich Sachsen nahm auch am Rußlandfeldzug von 1812 mit 21.000 Soldaten im Rahmen des Rheinbundes teil. Dieser endete in einer militärischen Katastrophe für die Invasoren. Am 24. Dezember 1812 traf der sächsische Gesandte am Hauptquartier der Grande Armée in Vilnius, Generalmajor Karl von Watzdorf, wieder in seiner Heimat ein und unterrichtete das sächsische Kabinett über die reale militärische Lage jenseits der offiziellen Meldungen. Zudem trafen bald die ersten Überlebenden auf sächsischem Boden ein und berichteten über die Vernichtung der Grande Armée.

Napoleon, der nach seinem erfolglosen Rußlandfeldzug zahlreiche neue französische Streitkräfte in Sachsen stationierte, wählte damit das Territorium Sachsens als eigene Operationsbasis und Hauptkriegsschauplatz der kommenden Befreiungskriege auf deutschem Boden gegen russische, österreichische und preußische Truppen. Der Neuaufbau der sächsischen Armee und die Versorgung der französischen Truppen bedeuteten eine immense finanzielle Belastung für Sachsen. Am 5. Juni 1813 berief Friedrich August I. eine Deputation der Landstände ein, um mit ihnen über die schwierige Beschaffung der von Napoleon geforderten Mittel zu beraten. Sachsen geriet durch die Versorgung und die Ausrüstung der französischen und der eigenen Truppen im späten Frühjahr und Sommer 1813 in eine desolate wirtschaftliche Lage.

Die Schlacht bei Bautzen, die Schlacht bei Dresden und die Völkerschlacht bei Leipzig waren die militärischen Höhepunkte der Kämpfe um Sachsen und um Deutschland. Dementsprechend hatte auch die sächsische Zivilbevölkerung in den umkämpften Gebieten viel zu leiden. Besonders betroffen waren durch die Gefechte die westliche Oberlausitz (Bischofswerda wurde in Brand geschossen und verwüstet) und 44 Dörfer niedergebrannt, 260 Dörfer geplündert, Räcknitz bei Dresden sowie die Dörfer in der Umgebung von Leipzig wurden während der Völkerschlacht im Oktober 1813 verwüstet. Im Gegensatz zu den meisten anderen Rheinbundstaaten hatte sich Friedrich August I. im Herbst 1813 nicht auf die Seite der Verbündeten geschlagen, obwohl Teile des Militärs schon mit Beginn der Befreiungskriege Anfang 1813 die Seiten wechselten. König Friedrich August I., fiel als Verbündeter Napoleons nach der Völkerschlacht von Leipzig in alliierte Gefangenschaft. Das Generalgouvernement Sachsen verwaltete vom 21. Oktober 1813 bis zum 9. November 1814 Fürst Repnin-Wolkonski. Dieser organisierte die Ableistung von Kontributionen und Truppenkontingenten. Sachsen verlor durch den Krieg, Hungersnöte und Epidemien während des Kriegs 200.000 Menschen. 150 Orte wurden zerstört.

Nach dem Untergang Napoleons zeigte sich Preußen fest entschlossen, Sachsen vollständig zu annektieren. Preußen und Rußland hatten am 28. Februar 1813 in dem Vertrag von Kalisch die beidseitigen Territorialansprüche in Europa im Falle eines Sieges über Napoleon vereinbart. Darin sollte Preußen mit ganz Sachsen und Rußland mit dem Herzogtum Warschau belohnt werden. Als Kriegsverlierer endete Sachsens Status als europäische Mittelmacht auf dem Wiener Kongreß 1815. Die vollständige Inkorporation Sachsens durch Preußen wurde nur aufgrund des Widerstands österreichischer und englischer Diplomaten vermieden. Diese fürchteten ein zu starkes Preußen. Mittendrin agierte ohne offizielle Zulassung der sächsische Gesandte Friedrich Albrecht von der Schulenburg. Er setzte sich zwar vehement für den uneingeschränkten Erhalt seines Landes ein, hatte aber als Kriegsverlierer eine schlechte Verhandlungsposition. Im Januar 1815 drohte der sächsisch-polnische Konflikt in einem erneuten Krieg zu eskalieren. So formierten sich für kurze Zeit neue Allianzen; Rußland und Preußen standen Österreich, Frankreich und Großbritannien gegenüber. Da beide Seiten aber einen weiteren kriegerischen Konflikt unbedingt vermeiden wollten, reduzierten Preußen und Rußland ihre Forderungen.

Das Königreich Sachsen wurde nicht aufgelöst, sondern um mehr als die Hälfte verkleinert, von ursprünglich 35.801,35 km², fielen 20.841,86 km² nach anderen Angaben 20.230 km² mit 767.441 Einwohnern an Preußen. Das entsprach einem 58,2 prozentigen Gebietsverlust und einem 39,4 prozentigen Verlust der Vorkriegsbevölkerung. Das Königreich Sachsen hatte somit 1815 einen Gebietsstand von 14.959,49 km² und eine Bevölkerungszahl von 1.178.802 Einwohnern. Zu den abzutretenden Gebieten gehörte die Niederlausitz mit Cottbus und der nördliche Teil der Oberlausitz um Görlitz (der größtenteils Schlesien zugeordnet wurde), der Kurkreis mit Gommern und Barby, der Thüringische Kreis und der Neustädter Kreis, Mansfeld, Querfurt, die säkularisierten ehemaligen Stifte Naumburg-Zeitz, Weißenfels und Merseburg sowie die nördlichen Teile des Meißnischen Kreises und obendrein einige Ämter des Kreises Leipzig.

Dem Bündnis gegen den aus Elba zurückgekehrten Napoleon trat Sachsen am 27. Mai 1815 bei und verpflichtete sich, 8000 Mann Linientruppen und 8000 Mann Landwehr für den Kampf gegen ihn zur Verfügung zu stellen.

Für die praktische Durchführung der Landesteilung setzten wie in Artikel drei des Friedensvertrags vom 18. Mai 1815 zwischen Sachsen und Preußen vereinbart, beide Seiten für diesen Zweck jeweils eine Kommission ein. Am 1. Juli 1815 wurden durch ein Mandat Karl August von Hardenberg, General Friedrich Wilhelm Leopold von Gaudi, der bereits als Generalgouverneur in Sachsen tätig gewesen war, und der Staatsrat Johann Georg Friedrich von Friesen zu Mitgliedern der „Königlich Preußischen Commission zur Ausgleichung mit dem Königreich Sachsen“ ernannt und nach Dresden geschickt. In Sachsen wurde die „Königlich Sächsische Friedensvollziehungs- und Auseinandersetzungs-Comission“ ins Leben gerufen. Es dauerte insgesamt vier Jahre, bis im September 1819 die Ratifikationsurkunden der „Haupt-Convention“ ausgetauscht werden konnten. Durch die neue Grenzziehung waren viele wichtige Handelsverbindungen unterbrochen worden.

Das verkleinerte Königreich Sachsen, in das Friedrich August I. nach über anderthalbjähriger Abwesenheit zurückkehrte und wo er am 7. Juni 1815 in Dresden begeistert empfangen wurde, hatte mit erheblichen finanziellen Belastungen durch die Teilung zu kämpfen, erholte sich jedoch wirtschaftlich bald wieder. Eine bedeutende politische Rolle spielte Sachsen nach 1815 in Deutschland nicht mehr; die glanzvollen Zeiten der sächsischen Kurfürsten als führende protestantische Macht in Deutschland waren ebenso endgültig vorbei wie die polnisch-sächsische Personalunion.

Weitere Ereignisse

Als wichtige Ereignisse in der Geschichte des Königreiches gelten

außenpolitisch
der Verlust der staatlichen Souveränität nach dem preußischen Beitrittsdiktat zum Norddeutschen Bund 1866. Ursprünglich wollte Preußen das Königreich Sachsen komplett einverleiben, aber durch das Verhandlungsgeschick von General Alfred Graf von Fabrice und durch die Fürsprache des österreichischen Kaisers Franz Joseph I. konnte dies vermieden werden. Er konnte soviel Vertrauen aufbauen, daß sogar ein eigenes Sächsisches Armeecorps mit eigenen Feldzeichen, Einrichtungen, Uniformierung, Bewaffnung erhalten blieb und dieses in die Armee des Norddeutschen Bundes eingegliedert wurde. Die Lösung dieser Aspekte war die Voraussetzung dafür, daß das Königreich Sachsen erhalten blieb. 1870/71 nahm das Königreich am Deutsch-Französischen Krieg teil und 1871 wurde das Land Teil des neu begründeten Deutschen Reiches. Da es bei den Waffenstillstandsgesprächen in Frankreich zu Verhärtungen gekommen war, beauftragte der Reichskanzler Otto von Bismarck den sächsischen Kriegsminister Alfred von Fabrice die Gespräche zu übernehmen. Er wurde zum Generalgouverneur für das besetzte Frankreich ernannt und vermittelte erfolgreich alle zur Durchführung der Friedensvorbereitungen wichtigen Angelegenheiten.
innenpolitisch
der Übergang Sachsens zum modernen Verfassungs- und Rechtsstaat mit der Verabschiedung der (ersten) Sächsischen Verfassung 1831, dem Inkrafttreten des Sächsischen Bürgerlichen Gesetzbuches 1865 und der konsequenten Trennung von Justiz und Verwaltung 1873/74, allerdings flankiert von politischen Spannungen (Herbstunruhen 1830, Maiaufstand 1849, Aufstieg der marxistischen Sozialdemokratie nach 1870) und gegenläufigen Entwicklungen (Reaktionszeit 1849–1854, Militarisierung ab 1870),
wirtschaftlich
der Aufstieg Sachsens zum führenden Industrie- und Handelsstaat in Mitteleuropa, ablesbar an den Absatzerfolgen und der ökonomischen Dominanz der sächsischen Industrie im Zollverein seit 1834, dem raschen Aufbau eines leistungsfähigen Ferneisenbahnnetzes ab 1837, der Behauptung des Leipziger Messehandels gegen Frankfurt und der Durchbruch Leipzigs als Welthandelsplatz nach Einführung der Mustermesse 1895, begleitet freilich vom Niedergang des klassischen Kleingewerbes und der sich ausbreitenden Massenarmut („Pauperismus“) sowie spektakulären Mißerfolgen (wie dem Zusammenbruch der Leipziger Bank 1901).

1918 führte die Novemberrevolution zum Ende der Monarchie und am 9. November folgte die Ausrufung des „Freistaats Sachsen“ durch Hermann Fleißner. Am 13. November dankte König Friedrich August III. auf Schloß Guteborn in Guteborn bei Ruhland ab. Sachsen verblieb im Anschluß als Gliedstaat innerhalb der Weimarer Republik und begann wie dieses eine umfassende Verfassungsreform unter dem Ministerpräsidenten Richard Lipinski. Die republikanische Staatsform Sachsens wurde durch das vorläufige Grundgesetz vom Februar 1919 und endgültig durch die Verfassung des Freistaates Sachsen vom 1. November 1920 festgesetzt. Sachsen war nun als Freistaat (Republik) ein Land der Weimarer Republik.

Der Bundesstaat Sachsen ging im neu und mit Gewalt geschaffenen Freistaat Sachsen bzw. Land der Weimarer Republik auf.

Wie nun der Bundesstaat Sachsen wieder handlungsfähig eingerichtet werden kann, das lesen Sie am Ende dieses Chronik oder hier……

Wappen

Das große Wappen seit 7. Juni 1889 ist ein zweimal gespaltener und dreimal geteilter Schild mit gespaltenem Schildfuß.

Das Wappen zeigt im Schild

Im Schildfuß die Zeichen für die Burggrafschaft Altenburg und die Grafschaft Henneberg. Im goldgekrönten Herzschild (Feld 5 und 8) zeigt das Wappen die sächsische Raute. Die Helmzier steht für Vogtland, Thüringen, Sachsen, Meißen und Oberlausitz. Der Schild wird von je einem goldenen rotgezungten widersehenden Löwen an rechts und links gehalten. Der Schild ist vom Hausorden der Rautenkrone umhangen. Auf dem Band die Devise „Providentiae memor“ („Der Vorsehung eingedenk“). Ein purpurnes goldgekröntes Wappenzelt umgibt alles. Die Landesfarben sind Weiß-Grün.

Verwaltungsgliederung des Königreiches

Die Verwaltungsreform von 1873/74

Mit dem Organisationsgesetz vom 21. April 1873 wurde die Verwaltungsgliederung des Königreiches nochmals entscheidend umgestaltet. Die vier Kreisdirektionen wurden abgeschafft und stattdessen wieder Kreishauptmannschaften eingeführt. Gleichzeitig wurde die Zahl der Amtshauptmannschaften auf 25 erhöht. Die drei größten Städte des Königreiches, Leipzig, Dresden und Chemnitz, wurden bezirksfrei und unterstanden damit direkt der jeweiligen Kreishauptmannschaft. (Der hierfür heute gebräuchliche Terminus Stadtkreis stammt aus Preußen und wurde im Königreich Sachsen nicht verwendet.)

Die neu geschaffene Verwaltungsgliederung trat erst mit Wirkung zum 15. Oktober 1874 in Kraft. Ihre Bedeutung bestand auch darin, dass erst jetzt die volle Trennung zwischen Justiz und Verwaltung im Königreich erfolgte und die Amtshauptmannschaften dadurch echte Untere Verwaltungsbehörden wurden. 1878 wurde in der Kreishauptmannschaft Zwickau aus der Herrschaft Schönburg die Amtshauptmannschaft Glauchau gebildet. Die Amtshauptmannschaft Dresden wurde 1880 in die Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt getrennt (1924 zurückgenommen). Im Jahr 1900 wurde mit Chemnitz eine fünfte Kreishauptmannschaft geschaffen, die aus der Kreishauptmannschaft Zwickau abgetrennt wurde. Bis 1918 erhöhte sich die Zahl der Amtshauptmannschaften und der bezirksfreien Städte weiter.

Königreich Sachsen 1895

 

Seit 1874 bestanden

Liste der Könige von Sachsen

Siehe auch

Literatur

  • Rudolf Kötzschke, Hellmut Kretzschmar: Sächsische Geschichte. 2 Bände, Dresden 1935. (Nachdruck in 1 Band, Frankfurt am Main 1965, Augsburg 1995 (u. ö.), S. 299–397)
  • Walter Schlesinger (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Band 8: Sachsen (= Kröners Taschenausgabe. Band 312). Unveränderter Neudruck der 1. Auflage 1965. Kröner, Stuttgart 1990, ISBN 3-520-31201-8, S. LII–LXX.
  • Karlheinz Blaschke, Susanne Baudisch: Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen. (= Quellen und Materialien zur sächsischen Geschichte und Volkskunde. Band 2). Neuausg. in 2 Bänden. Leipzig 2006. (= ca. 6000 Einträge)
  • Ernst Eichler, Hans Walther (Hrsg.): Historisches Ortsnamenbuch von Sachsen. (= Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte. Band 21). 3 Bände. Berlin 2001. (= ca. 5500 Einträge)
  • Manfred Wilde: Zwischen Monarchie und Demokratie. 200 Jahre Königreich Sachsen, 190 Jahre Landkreis Delitzsch, 175 Jahre Sächsische Verfassung. In: Albert Prinz von Sachsen Herzog zu Sachsen (Hrsg.): Königreich Sachsen 1806–1918. Marienberg 2007, S. 159–163.
  • Philologisch-Historischen Klasse der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig in Verbindung mit dem Landesvermessungsamt Dresden (Herausg.): Atlas zur Geschichte und Landeskunde von Sachsen. (Memento vom 11. Juni 2007 im Internet Archive), Dresden 1997 ff.
  • Rudolf Forberger: Die Industrielle Revolution in Sachsen 1800–1861. (= Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte. Band 18). 2 Teile in 4 Bänden. Teil 1: Berlin 1982, Teil 2: Stuttgart 2003. (= mit mehr als 1200 Fabrik-Kurzgeschichten)
  • Andreas Oettel: Zur Verwaltungsgliederung Sachsens im 19. und 20. Jahrhundert. In: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (Hrsg.): Statistik in Sachsen. 175 Jahre amtliche Statistik in Sachsen (Festschrift). Band 12, Nr. 1, 2006, OCLC 315121936, S. 69–98 (online [PDF; 6,3 MB; abgerufen am 23. Dezember 2012]).
  • Frank-Lothar Kroll: Die Herrscher Sachsens, Markgrafen, Kurfürsten, Könige. 1089 – 1918. Verlag C.H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-54773-7.
  • Prinz Ernst Heinrich von Sachsen: Mein Lebensweg vom Königsschloss zum Bauernhof. Paul List Verlag, München 1968, S. 115–152. (u. a. Bericht über seine Erfahrungen während der Wilhelminischen Ära, Erster Weltkrieg, Novemberrevolution)
  • Chronik des Sächsischen Königshauses u. seiner Residenzstadt vom 18. Juni 1853 bis zum 18. Juni 1878. Dresden 1878. Digitalisat

 

100 Jahre nach der Novemberrevolution von 1918/19, welche durch deutsche Parteien und Geheimbünde initiiert wurde, ist bewiesen, daß Kaiser Wilhelm II. entgegen aller geltenden Gesetze und der Verfassung, abgedankt wurde. Dadurch konnte Deutschland der sozialistisch-marxistischen Weltanschauung “Demokratie” geopfert werden, obwohl mit der Verfassungsänderung zum  28. Oktober 1918 durch die beiden gesetzgebenden Organe Bundesrath und Reichstag, der Weg von der Konstitutionellen Monarchie zu einer Parlamentarischen Monarchie geschaffen wurde.

Weblinks

 Wikisource: Königreich Sachsen – Quellen und Volltexte

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Preußen

Bundesstaat Preußen

Königreich Preußen
Wappen Flagge
Wappen Preußens Flagge Preußens
Lage im Deutschen Reich
Das Königreich
Preußen 1866–1918 (blau),
Deutsches Reich 1871–1918 (blau und gelb)
Landeshauptstadt Berlin
Regierungsform absolute Monarchie (1701–1848), konstitutionelle Monarchie (1848–1918), 28.10.1918 parlamentarische Monarchie
Staatsoberhaupt König (1701–1918)
Dynastie Hohenzollern (1415–1918)
Bestehen 1701–1918, nie völkerrechtlich untergegangen
Fläche 348.780 km² (1910)
Einwohner 40.016.000 (1910)
Bevölkerungsdichte 115 Einwohner pro km²
Entstanden aus Brandenburg-Preußen
Aufgegangen durch Gewalt in
Freistaat Preußen, Saargebiet, Freie Stadt Danzig
Stimmen im Bundesrath 17
Kfz-Kennzeichen IA, IB … IZ

Königreich Preußen bezeichnet den preußischen Staat zur Zeit der Herrschaft der preußischen Könige zwischen 1701 und 1918.

Das Königreich Preußen entstand aus den brandenburgisch-preußischen Gebieten, nachdem sich Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg zum König in Preußen gekrönt hatte (→ Königskrönung Friedrichs III. von Brandenburg). Durch diesen Vorgang wurde das von Friedrich beherrschte, aber im Gegensatz zu Brandenburg nicht zum Heiligen Römischen Reich gehörende Herzogtum Preußen zum Königreich erhoben. Der Name dieses Königreichs Preußen im engeren Sinne wurde in der Folgezeit zunehmend auf die Gesamtheit der Gebiete angewandt, die von den preußischen Königen beherrscht wurden, während das ursprüngliche Königreich nun Ostpreußen genannt wurde.

Im 18. Jahrhundert stieg Preußen zu einer der fünf europäischen Großmächte auf und wurde die zweite deutsche Großmacht nach Österreich. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts trieb es die Schaffung eines deutschen Nationalstaates entscheidend voran und war ab 1867 der dominierende Gliedstaat des Norddeutschen Bundes. 1871 wurde dieser Bund zum Deutschen Kaiserreich umgestaltet und die Könige von Preußen übernahmen das Amt des Deutschen Kaisers. Mit der Abdankung des letzten Kaisers und Königs, Wilhelms II., infolge der Novemberrevolution 1918 wurde die Monarchie abgeschafft.

Der Bundesstaat Preußen ging im neu und mit Gewalt geschaffenen Freistaat Preußen bzw. Land der Weimarer Republik auf.

Wie nun der Bundesstaat Preußen wieder handlungsfähig eingerichtet werden kann, das lesen Sie am Ende dieses Chronik oder hier…….

Geschichte

Unter König Friedrich I. (1701–1713)

Das seit 1525 bestehende Herzogtum Preußen wurde 1701 zum Königreich erhoben.

Krönung Kurfürst Friedrichs III. von Brandenburg zum König Friedrich I. in Preußen, Königsberg 1701

Die Flagge des neugegründeten Königreichs 1701

Rang, Reputation und Prestige eines Fürsten waren in der Zeit des Absolutismus wichtige politische Faktoren. Kurfürst Friedrich III. nutzte daher seine Souveränität im Herzogtum Preußen, um dort für sich den Königstitel anzustreben. Damit versuchte er vor allem, die Ranggleichheit mit dem Kurfürsten von Sachsen, der zugleich König von Polen war, und mit dem Kurfürsten von Hannover, der Anwärter auf den englischen Thron war, zu wahren. Kaiser Leopold I. sicherte Friedrich schließlich zu, ihn inner- und außerhalb des Reichs als König anerkennen zu wollen. So krönte sich der Kurfürst am 18. Januar 1701 als Friedrich I. in Königsberg eigenhändig zum „König in Preußen“. Der Preis der Königswürde war die Teilnahme der nun Königlich-Preußischen Armee am Spanischen Erbfolgekrieg auf Seiten des Kaisers gegen Frankreich.

Die einschränkende Titulatur „in Preußen“ blieb erhalten, weil die Bezeichnung als „König von Preußen“ als Herrschaftsanspruch auf ganz Preußen, also den seit 1466 geteilten Deutschordensstaat, verstanden worden wäre. Dessen westlicher Teil, das Preußen königlichen Anteils, gehörte zu Polen.

Friedrich I. konzentrierte sich auf eine aufwändige Hofhaltung nach französischem Vorbild und brachte, unterstützt durch das Drei-Grafen-Kabinett, seinen Staat an den Rand des finanziellen Ruins. Nur durch Vermietung weiterer preußischer Soldaten an die Allianz im Spanischen Erbfolgekrieg konnte der König die kostspieligen Aufwendungen für den Prunk am Hof bestreiten. So erhielt Preußen während seiner Amtszeit 14 Millionen Taler an Subsidienzahlungen von den Alliierten. Der Staatshaushalt betrug 1712 rund vier Millionen Taler, von denen allein 561.000 ausschließlich der Hofhaltung zugeführt wurden. Die Einnahmen bestanden nur zum Teil aus Steuern. Die Subsidienzahlungen der Alliierten hingen vom Kriegsverlauf ab, bildeten also keine verlässliche Größe. Ein bedeutender Anstieg der reinen Steuereinnahmen in der Amtszeit Friedrichs I. fand nicht statt.

Unter König Friedrich Wilhelm I. (1713–1740)

Tabakskollegium Friedrich Wilhelms I. in Königs Wusterhausen, um 1737

Konstantin Cretius: Empfang der Salzburger Protestanten durch König Friedrich Wilhelm I. in Berlin am Leipziger Tor am 30. April 1732, Ölgemälde um 1860

Der Sohn Friedrichs I., Friedrich Wilhelm I., war nicht prunkliebend wie sein Vater, sondern vielmehr sparsam und praktisch veranlagt. Folglich kürzte er, eben aus dem Sterbezimmer des Vaters kommend, die Ausgaben für die Hofhaltung und entließ nach der Beerdigung die meisten Höflinge. Alles, was dem höfischen Luxus diente, wurde entweder abgeschafft oder anderen Nutzungen zugeführt. Alle Sparmaßnahmen des Königs zielten auf den Ausbau eines starken stehenden Heeres, in dem der König die Grundlage seiner Macht nach innen und außen sah. Von den jährlichen Staatseinnahmen verwendete er 73 % für die laufenden Militärkosten, während Hof und Verwaltung mit 14 % auskommen mussten. In seiner Amtszeit baute er die preußische Armee zu einer der schlagkräftigsten Armeen in ganz Europa aus, was ihm den Beinamen „der Soldatenkönig“ verschaffte. Angesichts der Größe der preußischen Armee im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung, 83.000 Soldaten zu 2,5 Millionen Einwohnern im Jahre 1740, schrieb Georg Heinrich von Berenhorst später: „Die preußische Monarchie bleibt immer – nicht ein Land, das eine Armee, sondern eine Armee, die ein Land hat, in welchem sie gleichsam nur einquarti[e]rt steht.“ Trotz seines Beinamens führte Friedrich Wilhelm I. nur einmal in seiner Amtszeit einen kurzen Feldzug, im Großen Nordischen Krieg während der Belagerung von Stralsund. Dieser Feldzug brachte Preußen den Gewinn eines Teils Vorpommerns von den Schweden.

Die territoriale Entwicklung Brandenburg-Preußens im 18. Jahrhundert: Gebietszuwächse während der Herrschaft Friedrichs I. in violetter, Friedrich Wilhelms I. in roter, Friedrichs II. in grüner, Friedrich Wilhelms II. in blauer Darstellung.

 

Friedrich Wilhelm I. gilt als der eigentliche Schöpfer des preußischen Beamtentums. Er revolutionierte die Verwaltung, unter anderem mit der Gründung des Generaldirektoriums. Damit zentralisierte er das Land, das bisher noch immer territorial zersplittert war, und gab ihm eine einheitliche staatliche Organisation. Durch eine merkantilistische Wirtschaftspolitik, die Förderung von Handel und Gewerbe sowie eine Steuerreform gelang es dem König, die jährlichen Staatseinnahmen von 3,4 auf 7 Millionen Taler zu verdoppeln. Um die nötigen Fachkräfte zu gewinnen, führte er die allgemeine Schulpflicht ein und errichtete volkswirtschaftliche Lehrstühle an preußischen Universitäten; sie waren die ersten ihrer Art in Europa. Gab es zu Beginn der Regentschaft des Soldatenkönigs im Jahre 1717 erst 320 Dorfschulen so waren es im Jahre 1740 schon 1480 Schulen.

Im Zuge einer massiv betriebenen Peuplierungspolitik ließ er Menschen aus ganz Europa ansiedeln; so holte er mehr als 17.000 protestantische Salzburger und andere Glaubensflüchtlinge ins dünn besiedelte Ostpreußen.

Als Friedrich Wilhelm I. 1740 starb, hinterließ er ein wirtschaftlich und finanziell gefestigtes Land. Er hatte Preußens Fläche um 8000 km² auf 119.000 km² vergrößert, und es gilt als sein Verdienst, daß die Bevölkerung, die 1688 noch 1,5 Mio. Einwohner betragen hatte, sich bis 1740 auf 2,4 Mio. erhöhte. Eine Schattenseite seiner Amtszeit war allerdings die starke Militarisierung des Lebens in Preußen.

Unter König Friedrich II. (1740–1786)

Adolph von Menzel: König Friedrichs II. Tafelrunde in Sanssouci mit Voltaire (links) und den führenden Köpfen der Berliner Akademie, Ölgemälde von 1850

 

Am 31. Mai 1740 bestieg sein Sohn Friedrich II. – später auch „Friedrich der Große“ genannt – den Thron. Als Kronprinz der Philosophie und den schönen Künsten zugeneigt, ließ er noch in seinem ersten Regierungsjahr die preußische Armee in Schlesien einmarschieren, auf das die Hohenzollern umstrittene Ansprüche erhoben. In den drei Schlesischen Kriegen (1740–1763) gelang es ihm, die Eroberung gegen Österreich zu behaupten, im letzten, dem Siebenjährigen Krieg (1756–1763), sogar gegen eine Koalition aus Österreich, Frankreich und Russland. Dies war der Beginn der preußischen Großmachtstellung in Europa und des preußisch-österreichischen Dualismus im Reich. Bereits 1744 war die Grafschaft Ostfriesland nach Aussterben des dortigen Fürstengeschlechts der Cirksena an Preußen gefallen, das sich die seit 1683 bestehenden Handelsbeziehungen zu Ostfriesland zunutze machte.

Robert Warthmüller: Der König überall, Ölgemälde von 1886. – König Friedrich II. begutachtet den Kartoffelanbau in Preußen.

 

In den letzten 23 Jahren seiner bis 1786 währenden Herrschaft förderte Friedrich II., der sich als „erster Diener des Staates“ verstand, den Landesausbau und die weitere Besiedelung brandenburgisch-preußischer Gebiete, etwa des Oderbruchs. Die Peuplierung der dünn besiedelten Gebiete östlich der Elbe stand auf der politischen Agenda an erster Stelle. Als Vertreter des aufgeklärten Absolutismus schaffte er die Folter ab, verminderte die Zensur, legte den Grundstein für das Allgemeine preußische Landrecht und holte mit der Gewährung völliger Glaubensfreiheit weitere Exulanten ins Land. Nach seiner Auffassung sollte in Preußen „jeder nach seiner Façon selig werden“. Bekannt wurde in diesem Zusammenhang auch sein Ausspruch: „Alle Religionen seindt gleich und gut, wan nuhr die leute, so sie profesieren, Ehrlige leute seindt, und wenn Türken und Heiden kämen und wollten das Land pöplieren, so wollten wir sie Mosqueen und Kirchen bauen.“

Gemeinsam mit Österreich und Russland betrieb Friedrich die Teilung Polens. Bei der ersten Teilung 1772 fielen Polnisch-Preußen, der Netzedistrikt und das Fürstbistum Ermland an Brandenburg-Preußen. Somit war die für Friedrich II. wichtige Landverbindung zwischen Pommern und dem außerhalb des Reiches liegenden Königreich Preußen hergestellt. Da sich nun „beide Preußen“, Polnisch-Preußen und das Königreich Preußen, im Besitz der Hohenzollernmonarchie befanden, konnte Friedrich II. sich König „von Preußen“ nennen. Verwaltungstechnisch bestand das Königreich aus den Provinzen Westpreußen und Ostpreußen sowie dem Netzedistrikt.

Der König vergrößerte sein Territorium während seiner Herrschaft um 76.000 km² auf 195.000 km² (1786). Während dieser Zeit stieg die Bevölkerung Preußens von etwa 2,4 Millionen auf 5,629 Millionen Einwohner an, trotz des Verlustes von etwa 500.000 Menschen während des Siebenjährigen Krieges. Die Zahl der Einwanderer nach Preußen wird in der Zeit von 1740 bis 1786 auf 284.500 geschätzt. Trotz zeitweiliger Zerrüttung der Wirtschaft durch die langandauernden Kriege in seiner Herrschaftszeit stiegen die Staatseinnahmen von 7 Millionen Taler im Jahr 1740 auf 20 Millionen im Jahr 1786 an. Friedrich der Große starb am 17. August 1786 im Schloss Sanssouci.

Stagnation (1786–1807)

1786 wurde Friedrichs Neffe, Friedrich Wilhelm II. (1786–1797) neuer preußischer König. Am Hof etablierte sich zum ersten Mal in der preußischen Geschichte ein Hofstaat mit Mätressen und Günstlingen. Die berühmteste Mätresse war Wilhelmine Enke, die von Friedrich Wilhelm den Titel einer Gräfin Lichtenau erhielt. Er hatte sie bereits vor seinem Machtantritt kennengelernt. Berlin wuchs in den 1790er Jahren zu einer ansehnlichen Stadt heran. Im Jahr 1791 wurde das Brandenburger Tor vom Architekten Carl Gotthard Langhans fertiggestellt. Andere klassizistische Bauten folgten.

Der König stand schon früh unter dem Einfluss gegenaufklärerischer Bestrebungen, namentlich Johann Christoph Wöllners und Johann Rudolf von Bischoffwerders, die die preußische Politik dieser Zeit stark mitbestimmten. Die vielgerühmte Toleranzpolitik Preußens ist zumindest zu dieser Zeit nicht besonders ausgeprägt. In der Hauptstadt existierte zwar die aufklärerische Berliner Mittwochsgesellschaft. Sie musste aber auf Grund der antiaufklärerischen Regierung im Geheimen tagen. Mitglieder waren unter anderem die Verfasser des Allgemeinen Landrechts Carl Gottlieb Svarez und Ernst Ferdinand Klein, die Herausgeber der Berlinischen Monatsschrift Gedike und Biester, der Verleger Friedrich Nicolai und als Ehrenmitglied Moses Mendelssohn. Die Französische Revolution wurde auch hier, wie im ganzen Reich, vom Bildungsbürgertum meist positiv aufgenommen. Allerdings wurden Personen, die sich revolutionär und abfällig über die preußische Regierung äußerten, seit 1790 entweder für mehrere Wochen festgesetzt oder ausgewiesen; andere emigrierten freiwillig. Im Jahre 1794 wurde das Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten eingeführt. Das umfassende Gesetzeswerk war bereits unter Friedrich II. begonnen worden. Während der Herrschaft Friedrich Wilhelm II. verlor es zwar seinen aufgeklärten Charakter, stellte aber immer noch eine allgemeingültige Rechtsgrundlage für alle preußischen Provinzen dar.

Die Teilungspolitik gegenüber Polen wurde von Friedrich Wilhelm II. sowie von Russland und Österreich fortgesetzt. Bei der zweiten und der dritten Teilung Polens (1793 und 1795) sicherte sich Preußen weitere Gebiete bis nach Warschau. Durch diese Gebietszuwächse vergrößerte sich auch die Bevölkerung um 2,5 Millionen Polen und man stand vor der schwierigen Aufgabe, diese in den Staat zu integrieren. Ob dies letztendlich gelungen wäre, läßt sich nicht abschließend sagen, da die Gebiete der beiden letzten Teilungen Polens zunächst unter der Herrschaft Napoléons für Preußen wieder verloren gingen.

Gebietsverluste (violett, grün) und -gewinne (rot, gelb) des preußischen Staates in der Zeit des Untergangs des Heiligen Römischen Reichs bis 1806. Infolge der Verluste durch den Frieden von Tilsit 1807 verblieb das braun dargestellte Territorium bei Preußen.

 

Österreich und Preußen näherten sich während der Französischen Revolution an. Ein erstes Zusammentreffen zwischen Leopold II. und Friedrich Wilhelm II. am 27. August 1791 mündete auf Einwirken des Grafen von Artois, des späteren französischen Königs Karl X., in der Pillnitzer Deklaration. Darin erklärten sie ihre Solidarität mit dem französischen Königtum und drohten mit militärischen Aktionen, allerdings unter dem Vorbehalt, daß die anderen europäischen Mächte einem solchen Schritt zustimmen würden. Weitergehend wurde am 7. Februar 1792 ein Verteidigungsbündnis, der Berliner Vertrag, zwischen Österreich und Preußen geschlossen. Frankreich erklärte kurze Zeit später, am 20. April 1792, Österreich und somit auch Preußen den Krieg. Am 20. September 1792 kam es zur Kanonade von Valmy, bei der preußische und französische Truppen zwar keine direkten Kampfhandlungen eingingen und es nur wenige Opfer gab. Die preußischen Truppen mußten sich aber auf Grund von andauerndem Regenwetter, Krankheiten und Hunger unter den Soldaten zurückziehen. In der Folge konnten französische Truppen bis in das Rheinland vorstoßen. Preußens Beteiligung am Ersten Koalitionskrieg gegen das revolutionäre Frankreich dauerte noch bis zum Frieden von Basel 1795, danach schied es für mehr als ein Jahrzehnt aus der antifranzösischen Allianz aus. Am 16. November 1797 starb Friedrich Wilhelm II., sein Nachfolger wurde sein Sohn Friedrich Wilhelm III. (1797–1840).

Mit dem Reichsdeputationshauptschluß konnte Preußen 1802/1803 im Westen die im Frieden von Basel avisierten erheblichen Zugewinne an Land und Menschen erzielen. Im Zuge der dabei geregelten Säkularisation verleibte es sich vormals geistliche Herrschaftsgebiete des Hochstifts Hildesheim, des Hochstifts Paderborn (Fürstentum Paderborn), des Hochstifts Münster (Erbfürstentum Münster), kurmainzische Besitzungen in Thüringen sowie die Reichsstifte Quedlinburg, Elten, Essen, Werden und Cappenberg ein, außerdem die vormaligen Reichsstädte Mühlhausen, Nordhausen und Goslar.

Napoleons Einzug in Berlin durch das Brandenburger Tor, 1806

 

Als 1806 Verhandlungen mit Frankreich über die Aufteilung der Machtsphären in Deutschland scheiterten, flammte der Krieg wieder auf. In der Schlacht bei Jena und Auerstedt erlitt Preußen eine vernichtende Niederlage gegen die Truppen Napoleons I.; König Friedrich Wilhelm III. und seine Familie mußten vorübergehend nach Memel fliehen, und unter dem französischen Einfluss begann die sogenannte „Franzosenzeit“. Der Staat verlor 1807 im Frieden von Tilsit etwa die Hälfte seines Gebietes, darunter waren alle Gebiete westlich der Elbe sowie die Gebiete aus der zweiten und dritten Teilung Polens, die nun an das neue, von Napoléon etablierte Herzogtum Warschau fielen.

Staatsreformen und Befreiungskriege (1807–1815)

Preußen war 1807 nur noch ein in Größe und Funktion zusammengeschrumpfter Pufferstaat. Es mußte die französische Besatzung erdulden, die fremden Truppen versorgen und große Kontributionszahlungen an Frankreich leisten. Diese einschränkenden Friedensbedingungen bewirkten aber auch eine Erneuerung des Staates mit dem Ziel, seine Handlungsfähigkeit zu verbessern, um wieder eine Macht ersten Ranges zu werden. Dazu musste sich der preußische Staat grundlegend reformieren, um einen zukünftigen Befreiungskampf führen und gewinnen zu können. Mit den Stein-Hardenbergschen Reformen unter Leitung von Freiherr vom Stein, Scharnhorst und Hardenberg wurde das Bildungswesen neu gestaltet, 1807 die Leibeigenschaft der Bauern aufgehoben und 1808 die Selbstverwaltung der Städte eingeführt. 1810 wurde die Gewerbefreiheit eingeführt. Die begonnene Heeresreform wurde 1813 mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht abgeschlossen.

Die Rückkehr der Quadriga des Brandenburger Tores 1814

 

Nach der Niederlage der „Grande Armee“ in Rußland wurde am 30. Dezember 1812 bei Tauroggen der Waffenstillstand zwischen Preußen und dem Russischen Reich vom preußischen Generalleutnant Graf Yorck und vom General der russischen Armee Hans von Diebitsch unterzeichnet. Yorck handelte dabei aus eigener Initiative ohne Befehl seines Königs. Die Konvention von Tauroggen besagte, daß Yorck seine preußischen Truppen aus der Allianz mit der französischen Armee herauslösen sollte. In Preußen wurde dies als Beginn des Aufstandes gegen die französische Fremdherrschaft verstanden. Gegen Ende Februar wurde mit Rußland im Vertrag von Kalisch ein antinapoleonischer Bündnisvertrag abgeschlossen. Als am 17. März 1813 das Volk zum Befreiungskampf aufgerufen wurde, standen 300.000 preußische Soldaten (6 Prozent der Gesamtbevölkerung) bereit. Für die Dauer der Auseinandersetzung wurde die Allgemeine Wehrpflicht eingeführt. Preußische Truppen unter Marschall Blücher trugen in der Schlacht von Waterloo 1815 entscheidend zum endgültigen Sieg über Napoleon bei.

Restauration und Reaktion, Vormärz und Märzrevolution (1815–1848)

Das Gebiet Preußens nach dem Wiener Kongress 1815 (dunkelblau)

 

Beim Wiener Kongress 1815 erhielt Preußen den Großteil seines alten Staatsgebietes zurück. Neu hinzu kamen Schwedisch-Pommern, der nördliche Teil des Königreichs Sachsen, die Provinz Westfalen und die Rheinprovinz. In den neuen Provinzen im Westen entstanden in Koblenz, Köln und Minden mächtige Festungen, gebaut nach der neupreußischen Befestigungsmanier, zur Sicherung der preußischen Vormachtstellung. Preußen erhielt zwar die zuvor polnische Provinz Posen zurück, nicht jedoch die Gebiete der zweiten und der dritten polnischen Teilung, die an Russland gingen. Preußen bestand seitdem aus zwei großen, aber räumlich getrennten Länderblöcken in Ost- und Westdeutschland. Es wurde Mitglied des Deutschen Bundes, des losen Verbandes der deutschen Staaten unter österreichischer Führung, der von 1815 bis 1866 existierte.

Das während der Freiheitskriege seinem Volk gegebene Versprechen, dem Land eine Verfassung zu geben, löste Friedrich Wilhelm III. nie ein. Anders als in den meisten übrigen deutschen Staaten wurde in Preußen auch keine Volksvertretung für den Gesamtstaat geschaffen. Statt eines Landtages für ganz Preußen wurden lediglich Provinziallandtage einberufen. Die königliche Regierung glaubte so, liberale Bestrebungen nach einer konstitutionellen Monarchie und demokratischen Mitwirkungsrechten wirkungsvoller verhindern zu können. Dem Ziel, die Demokratiebestrebungen in ganz Europa zu unterdrücken, diente auf außenpolitischer Ebene die Heilige Allianz, die Friedrich Wilhelm III. gemeinsam mit dem Zaren von Rußland und dem Kaiser von Österreich ins Leben rief.

Dem Bestreben der königlichen Regierung, Liberalismus, Demokratie und die Idee der Einigung Deutschlands zu bekämpfen, standen jedoch starke ökonomische Zwänge entgegen. Aufgrund der Zweiteilung seines Staatsgebiets lag die wirtschaftliche Einigung Deutschlands nach 1815 in Preußens ureigenem Interesse. Es gehörte daher 1834 zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen Zollvereins.

Infolgedessen setzten auch außerhalb des Landes immer mehr Befürworter der deutschen Einigung, insbesondere die Protestanten, ihre Hoffnungen darauf, daß Preußen Österreich als Führungsmacht des Bundes ablösen werde. Es war von „Preußens deutscher Sendung“ die Rede und davon, daß das Land immer mehr nach Deutschland hinein und Österreich aus Deutschland heraus wachse. Die preußische Regierung wollte von dieser „Sendung“ nichts wissen. Weit davon entfernt, sich für die politische Einigung Deutschlands zu engagieren, widersetzte sie sich sogar dem immer lauter werdenden Ruf nach einer Verfassung und einem Landtag für ganz Preußen.

Konflikt um den Vereinigten Landtag

Die Hoffnungen, die der Regierungsantritt Friedrich Wilhelm IV. (1840–1861) bei Liberalen und Anhängern der deutschen Einigung zunächst geweckt hatte, wurden bald enttäuscht. Auch der neue König machte aus seiner Abneigung gegen eine Verfassung und einen gesamtpreußischen Landtag keinen Hehl.

Der große Finanzbedarf für den Bau der von den Militärs geforderten Ostbahn erforderte jedoch die Bewilligung von Etatmitteln aller Provinzen. Der König ließ daher einen ständischen Ausschuß zusammentreten, dem Vertreter aller Provinziallandtage angehörten. Dieser Ausschuß erklärte aber, er sei für die ihm zugedachte Aufgabe nicht zuständig. Daher und aufgrund des wachsenden öffentlichen Drucks fand sich Friedrich Wilhelm IV. im Frühjahr 1847 schließlich bereit, den von den Liberalen seit langem geforderten Vereinigten Landtag einzuberufen.

Der König machte schon in seiner Eröffnungsrede unmißverständlich deutlich, daß er den Landtag nur als Instrument der Geldbewilligung ansehe und dass er mit Blick auf sein monarchisches Gottesgnadentum keine Verfassungsfragen erörtert sehen wolle. Er werde nicht zulassen, „daß sich zwischen unseren Herr Gott im Himmel und dieses Land ein beschriebenes Blatt gleichsam als zweite Vorsehung eindränge“. Da die Mehrheit des Landtags aber von Beginn an nicht nur das Etatbewilligungsrecht, sondern auch eine parlamentarische Kontrolle der Staatsfinanzen und eine Verfassung forderte, wurde das Gremium schon nach kurzer Zeit wieder aufgelöst. Preußen stand damit schon vor dem Ausbruch der Märzrevolution vor einem Verfassungskonflikt.

Deutsche Revolution von 1848/1849


Jubelnde Revolutionäre nach Barrikadenkämpfen am 18. März 1848, Breite Straße in Berlin, im Hintergrund das Stadtschloß

Nach den Volkserhebungen in Südwestdeutschland erreichte die Revolution am 18. März 1848 schließlich auch Berlin. Friedrich Wilhelm IV., der zunächst noch auf die Aufständischen hatte schießen lassen, ließ die Truppen aus der Stadt zurückziehen und schien sich nun den Forderungen der Revolutionäre zu beugen. Der Vereinigte Landtag trat noch einmal zusammen, um die Einberufung einer preußischen Nationalversammlung zu beschließen. Gleichzeitig mit den Wahlen zur preußischen fanden die zur gesamtdeutschen Nationalversammlung statt, die in Frankfurt am Main zusammentreten sollte.

Gewaltsame Auflösung der preußischen Nationalversammlung

Der preußischen Nationalversammlung war von der Krone die Aufgabe zugedacht worden, mit ihr gemeinsam eine Verfassung auszuarbeiten. Die Versammlung, in der weniger gemäßigte Kräfte saßen als noch im Vereinigten Landtag, stimmte dem Regierungsentwurf für eine Verfassung jedoch nicht zu, sondern arbeitete mit der „Charte Waldeck“ einen eigenen Entwurf aus. Nicht zuletzt die Verfassungspolitik der preußischen Nationalversammlung führte zur Gegenrevolution, zur Auflösung der Versammlung und zur Einführung einer oktroyierten Verfassung. Die oktroyierte Verfassung Preußens behielt zwar einige Punkte der Charte bei, stellte aber andererseits zentrale Vorrechte der Krone wieder her. Im Jahr 1850 wurde sie noch einmal revidiert. Vor allem das in dieser eingeführte Dreiklassenwahlrecht hat die politische Kultur Preußens bis 1918 entscheidend geprägt. Österreichisches Gegenstück zur oktroyierten Verfassung Preußens war die kurzlebige, 1849 von Kaiser Franz Joseph I. oktroyierte Märzverfassung, die mit dem Silvesterpatent von 1851 wieder abgeschafft wurde.

Karikatur zur Ablehnung der Kaiserkrone der Frankfurter Nationalversammlung durch König Friedrich Wilhelm IV.

 

In der Frankfurter Nationalversammlung ging man zunächst von einer großdeutschen Lösung aus: Zum entstehenden Deutschen Reich sollte wie selbstverständlich derjenige Teil Österreichs gehören, der bereits dem Bund angehört hatte. Da Österreich aber nicht bereit war, in seinen nichtdeutschen Landesteilen eine getrennte Verwaltung und Verfassung einzurichten, wurde schließlich die so genannte kleindeutsche Lösung beschlossen, d. h. eine Einigung unter Preußens Führung. Demokratie und deutsche Einheit scheiterten aber im April 1849, als Friedrich Wilhelm IV. die Kaiserkrone ablehnte, die ihm die Nationalversammlung angetragen hatte. Die Revolution wurde in Südwestdeutschland mit Hilfe preußischer Truppen endgültig niedergeschlagen.

Nach Preußens gescheiterter Politik, mit der Erfurter Union (1849/1850) einen konservativeren aber konstitutionellen Nationalstaat zu gründen, erzwang Österreich in der Olmützer Punktation die Wiederherstellung der vorrevolutionären Verhältnisse im Deutschen Bund. Während der folgenden Reaktionsära arbeitete Preußen eng mit Österreich zusammen, um die liberale und nationale Bewegung und vor allem die Demokraten zu bekämpfen.

Nach der Revolution bis zum Kaiserreich (1849–1871)

Wilhelm I., der schon 1858 die Regentschaft für seinen nach mehreren Schlaganfällen regierungsunfähigen Bruder Friedrich Wilhelm IV. übernommen hatte, bestieg 1861 den preußischen Thron. Mit Kriegsminister Roon strebte er eine Heeresreform an, die längere Dienstzeiten und eine Aufrüstung der preußischen Armee vorsah. Die liberale Mehrheit des Preußischen Landtags, dem das Budgetrecht zustand, wollte die dafür nötigen Gelder jedoch nicht bewilligen. Es kam zu einem Verfassungskonflikt, in dessen Verlauf der König die Abdankung in Erwägung zog. Als letzten Ausweg entschloss er sich 1862, Otto von Bismarck als Ministerpräsidenten zu berufen. Dieser war ein vehementer Befürworter des königlichen Alleinherrschaftsanspruchs und regierte jahrelang gegen Verfassung und Parlament und ohne gesetzlichen Haushalt. Das liberale Parlament und auch Bismarck machten sich gegenseitig mehrere Vorschläge des Ausgleichs, lehnten diese aber beide immer wieder ab. So kam es, daß Bismarck 1866, nach dem gewonnenen Krieg gegen Österreich, als Schadloserklärung das Indemnitätsgesetz vorlegte, in der die unbewilligten Budgets nachträglich bewilligt wurden.

Aus der Erkenntnis heraus, daß die preußische Krone nur dann Rückhalt im Volk gewinnen könne, wenn sie sich an die Spitze der deutschen Einigungsbewegung setzte, führte Bismarck Preußen in drei Kriege, die König Wilhelm die deutsche Kaiserkrone einbrachten.

Erster Einigungskrieg: Deutsch-Dänischer Krieg

Der König von Dänemark war in Personalunion Herzog der Herzogtümer Schleswig und Holstein, über die es im Vertrag von Ripen 1460 heißt, daß diese „op ewig ungedeelt“ („auf ewig ungeteilt“) bleiben sollten. Obschon es in Folge mehrmals zu Landesteilungen innerhalb der Herzogtümer kam, beriefen sich die deutschen Nationalliberalen im 19. Jahrhundert auf ebendiese Aussage des Ripener Vertrages, um ihre Forderung nach einer Anbindung Schleswigs an Holstein und den Deutschen Bund zu rechtfertigen. Staatsrechtlich gehörte nur das Herzogtum Holstein als früheres römisch-deutsches Lehen zum Deutschen Bund, während Schleswig ein dänisches Lehen war (siehe auch: Dänischer Gesamtstaat). Der Beschluß der Kopenhagener Regierung nach der Ablehnung der vorherigen Gesamtstaatsverfassung durch den Dt. Bund mit der Novemberverfassung eine Verfassung allein für Schleswig und Dänemark zu verabschieden, führte im Dezember 1863 zunächst zu einer Bundesexekution gegen das bundesangehörige Holstein und ab Februar 1864 schließlich unter Protest des Deutschen Bundes zum Deutsch-Dänischen Krieg und der Besetzung Schleswigs und weiter Teile Norderjütlands durch Preußen und Österreich. Nach dem preußisch-österreichischen Sieg mußte die dänische Krone im Frieden von Wien auf die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg verzichten. Die Herzogtümer wurden zunächst gemeinsam in einem preußisch-österreichischen Kondominium verwaltet. Nach der Gasteiner Konvention von 1865 fiel Schleswig unter preußische, Holstein unter österreichische Verwaltung, während Österreich seine Rechte am Herzogtum Lauenburg an die preußische Krone verkaufte. 1866 wurden Schleswig, Holstein und Lauenburg zu der neuen preußischen Provinz Schleswig-Holstein vereinigt.

Zweiter Einigungskrieg: Krieg gegen Österreich

Berliner Stadtschloß und die Lange Brücke mit dem Reiterstandbild des Großen Kurfürsten, Stich von Johann Heinrich Hintze, um 1850

 

Bald nach Ende des Kriegs mit Dänemark brach zwischen Österreich und Preußen Streit um die Verwaltung und die Zukunft Schleswig-Holsteins aus. Dessen tiefere Ursache war jedoch das Ringen um die Vorherrschaft im Deutschen Bund. Es gelang Bismarck, den aus Gründen der Loyalität gegenüber Österreich lange zögernden König Wilhelm zu einer kriegerischen Lösung zu überreden. Preußen hatte zuvor bereits ein geheimes Militärbündnis mit dem Königreich Sardinien-Piemont abgeschlossen, das u. a. Gebietsabtretungen Österreichs vorsah. Österreich wiederum hatte Frankreich in einem Geheimvertrag die Errichtung eines „Rheinstaates“ auf Kosten Preußens zugesichert. Dies waren klare Rechtsbrüche, da die Bundesakte von 1815 Mitgliedern des Deutschen Bundes untersagte, Bündnisse gegen andere Mitgliedsstaaten einzugehen.

Nach dem preußischen Einmarsch in das unter österreichischer Verwaltung stehende Holstein beschloß der Frankfurter Bundestag die Bundesexekution gegen Preußen. Preußen erklärte seinerseits den Deutschen Bund als erloschen und besetzte die Königreiche Sachsen und Hannover sowie Kurhessen. Auf der Seite Österreichs standen auch die übrigen deutschen Königreiche und weitere, vor allem südwest- und mitteldeutsche Staaten. Die Freie Stadt Frankfurt als Sitz des Bundestages neigte der österreichischen Seite zu, verhielt sich aber offiziell neutral. Auf Seiten Preußens trat neben einigen norddeutschen und thüringischen Kleinstaaten auch das Königreich Italien in den Krieg ein (→ Schlacht bei Custozza und Seeschlacht von Lissa).

Im Deutschen Krieg errang Preußens Armee unter General Helmuth von Moltke am 3. Juli 1866 in der Schlacht von Königgrätz den entscheidenden Sieg. Mit dem Prager Frieden vom 23. August 1866 wurde der Deutsche Bund, der faktisch schon durch den Krieg zerfallen war, auch formell aufgelöst und Österreich mußte aus der deutschen Politik ausscheiden. Durch die Annexionen der gegnerischen Staaten Königreich Hannover, des Kurfürstentum Hessen, Herzogtum Nassau und der Freien Stadt Frankfurt konnte Preußen fast alle seine Territorien miteinander verbinden. Aus den gewonnenen Gebieten bildete es die Provinzen Hannover, Hessen-Nassau und Schleswig-Holstein.

Otto von Bismarck, seit 1862 preußischer Ministerpräsident, seit 1867 norddeutscher Bundeskanzler

 

Bereits fünf Tage vor dem Friedensschluß hatte Preußen zusammen mit den Ländern nördlich der Mainlinie den Norddeutschen Bund gegründet. Anfangs ein Militärbündnis, gaben ihm die Vertragsparteien 1867 eine Verfassung, die ihn zu einem von Preußen dominierten, aber dem Föderalismus in Deutschland gerecht gewordenen Bundesstaat machte. Dessen von Bismarck entworfene Verfassung nahm in wesentlichen Punkten die des Deutschen Kaiserreiches vorweg. Der König von Preußen war Inhaber des Bundespräsidiums und ernannte den preußischen Ministerpräsidenten Bismarck zum Bundeskanzler. Die süddeutschen Staaten blieben außerhalb des Norddeutschen Bundes, gingen aber „Schutz- und Trutzbündnisse“ mit Preußen ein.

Die durch den militärischen Erfolg gestiegene Popularität Bismarcks hatte diesen im Vorfeld der Gründung des Norddeutschen Bundes dazu bewogen, den preußischen Landtag nachträglich um Straffreiheit für die budgetlose Regierungszeit zu ersuchen. Die Annahme dieser Indemnitätsvorlage führte zur Spaltung des Liberalismus in einen obrigkeitshörigen (Nationalliberale Partei) und einen weiterhin oppositionellen Teil (Deutsche Fortschrittspartei als Rumpfpartei). Das 1867 durch Bismarcks zähe Verhandlungsführung und auf Druck der Wirtschaft eingerichtete Deutsche Zollparlament brachte die Einbeziehung süddeutscher Vertreter in eine preußisch bzw. norddeutsch dominierte Institution mit sich. Mehrheitsbeschlüsse ersetzten das im Deutschen Zollverein bisher bestehende Vetorecht der Einzelstaaten. Bayerische und württembergische Patrioten reagierten ebenso besorgt wie der französische Kaiser Napoléon III. Als dieser jedoch als Gegenleistung für Frankreichs Stillhaltepolitik gegenüber Preußen einen territorialen Ausgleich verlangte, schürte er damit ungewollt das Mißtrauen der Öffentlichkeit in den süddeutschen Staaten. Dies wiederum stärkte deren Bindungen an Preußen.

Dritter Einigungskrieg: Deutsch-Französischer Krieg

Die Proklamation des Deutschen Kaiserreiches (18. Januar 1871), zweite Fassung des Gemäldes für das Berliner Zeughaus von Anton von Werner, 1882

 

Mit vagen Versprechungen, Luxemburg eventuell Frankreich zu überlassen, hatte Bismarck Napoléon III. dazu gebracht, seine Politik gegenüber Österreich zu dulden. Nun sah sich Frankreich einem erstarkten Preußen gegenüber, das von den früheren territorialen Zusagen nichts mehr wissen wollte. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern verschlechterten sich zusehends. Schließlich spitzte Bismarck den Streit um die spanische Thronkandidatur des katholischen Hohenzollernprinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen in der Affäre der Emser Depesche bewußt so weit zu, daß die französische Regierung Preußen den Krieg erklärte. Dies stellte für die süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und das südlich der Mainlinie noch unabhängige Hessen-Darmstadt den Bündnisfall dar.

Nach dem raschen deutschen Sieg im Deutsch-Französischen Krieg und der darauf folgenden nationalen Begeisterung in ganz Deutschland sahen sich nun auch die süddeutschen Fürsten gedrängt, dem Norddeutschen Bund beizutreten. Bismarck kaufte König Ludwig II. von Bayern mit Geldern aus dem so genannten Welfenfonds die Bereitschaft ab, König Wilhelm die deutsche Kaiserkrone anzutragen. Das Deutsche Reich wurde als kleindeutscher einheitlicher Nationalstaat gegründet, was schon als Einigungsmodell von der Nationalversammlung 1848/49 vorgesehen war. Im Spiegelsaal von Versailles wurde Wilhelm I. am 18. Januar 1871 – am 170. Jahrestag der Königskrönung Friedrichs I. – zum Deutschen Kaiser proklamiert.

Im Deutschen Kaiserreich (1871–1918)

Preußen im Deutschen Reich 1871 (dunkelblau)

 

Von 1871 an ging Preußen ebenso sehr im Deutschen Reich auf, wie das Deutsche Reich preußischen Charakter annahm. Der König von Preußen war auch Deutscher Kaiser und der preußische Ministerpräsident fast immer zugleich Reichskanzler. Der Ministerpräsident und Kanzler mußte aber nicht unbedingt Preuße sein, wie die Ernennung von Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst zeigt.

Zwischen 1871 und 1887 führte Bismarck in Preußen den sogenannten Kulturkampf, der den Einfluß des politischen Katholizismus zurückdrängen sollte. Widerstände der katholischen Bevölkerungsteile und des Klerus, insbesondere im Rheinland und in den ehemals polnischen Gebieten, zwangen Bismarck aber dazu, die Auseinandersetzung ergebnislos zu beenden. In den mehrheitlich von Polen bewohnten Landesteilen ging der Kulturkampf mit dem Versuch einer Germanisierungspolitik einher. Die preußische Ansiedlungskommission etwa versuchte mit beschränktem Erfolg polnisches Land für deutsche Neusiedler zu erwerben. Nach Bismarcks Entlassung wurde die Germanisierungspolitik vom Deutschen Ostmarkenverein fortgeführt, der 1894 in Posen gegründet wurde.

Auf Wilhelm I. folgte im März 1888 der bereits schwer kranke Friedrich III., der nach einer Regierungszeit von nur 99 Tagen verstarb. Im Juni des „Drei-Kaiser-Jahres“ bestieg Wilhelm II. den Thron. Er entließ 1890 Bismarck und bestimmte die Politik des Landes von da an weitgehend selbst. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs (1914–1918) blieben preußische und Reichspolitik aufs engste miteinander verbunden.

100 Jahre nach der Novemberrevolution von 1918/19, welche durch deutsche Parteien und Geheimbünde initiiert wurde, ist bewiesen, daß Kaiser Wilhelm II. entgegen aller geltenden Gesetze und der Verfassung, abgedankt wurde. Dadurch konnte Deutschland der sozialistisch-marxistischen Weltanschauung „Demokratie“ geopfert werden, obwohl mit der Verfassungsänderung zum  28. Oktober 1918 durch die beiden gesetzgebenden Organe Bundesrath und Reichstag, der Weg von der Konstitutionellen Monarchie zu einer Parlamentarischen Monarchie geschaffen wurde.


Wirtschaftsreformen, Technisierung, industrielle Revolution (1807–1871)


Lokomotivfabrik von August Borsig, Berlin um 1847 

Ein Eisenwalzwerk in Deutschland während der Hochindustrialisierung, um 1875

 

 

Die Katastrophe der napoleonischen Besetzung 1807 brachte Preußen auch wirtschaftlich an den Rand des Zusammenbruchs. Insofern waren die Reformgesetze der Zeit nach 1806, was ihre wirtschaftlichen Bereiche und Folgen betraf notwendig, um den Staat wirtschaftlich und finanziell am Leben zu erhalten und um einen späteren Befreiungskrieg möglich zu machen. Die preußische Wirtschaftsreform nach 1806 gehörten zu den erfolgreicheren Neuerungsmaßnahmen der preußischen Reformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

Die nominelle Bauernbefreiung war die Voraussetzung für den wirtschaftlichen Aufschwungs der nächsten Jahrzehnte in Preußen. Gleiches galt für die Gewährung der vollständigen Gewerbefreiheit, da diese überhaupt erst die Mobilität großer Menschenmassen, die Bewegung der ländlichen Bewohner Preußens in die wachsenden Industriestädte des Landes möglich gemacht hatte. Die preußische Staatsverwaltung ihrerseits erreichte mit einigen wichtigen Maßnahmen, der zu diesem Zeitpunkt darniederliegenden Wirtschaft des Landes auf die Beine zu helfen. Preußen verwirklichte mit dem Handels- und Zollgesetz vom 26. Mai 1818 ein eigenes einheitliches Zollgebiet ohne Binnenzölle.

Nachdem alle innerstaatlichen Handelsschranken in Preußen gefallen waren, wurde auf Initiative Preußens 1834 der Deutsche Zollverein gegründet. Preußen hatte – unter anderem wegen seines zersplitterten Staatsgebiets – ein Eigeninteresse daran, die Zollgrenzen im Deutschen Bund abzuschaffen. Diese Maßnahme beflügelte den innerdeutschen Handel und trug zum Wirtschaftswachstum der folgenden Dekaden maßgeblich bei.

Im Zuge der Industrialisierung wurde eine Anzahl von Land-, Wasserwegen und Kanälen gebaut, welche quer durch Deutschland den Westen mit dem Osten verbanden. Im Oberland West- und Ostpreußens entstand der Oberländische Kanal, der die Ostsee und Elbing im Norden mit Masuren im Süden verband. Mit der 1865 erfolgten Gründung der Königlich Preußischen Elbstrom-Bauverwaltung wurde die Elbe in sechs Kreise eingeteilt, die den Brücken- und Kanalbau, die Fähren, Mühlen, Hafenanlagen und Deiche zu überwachen hatten. Vormals unbedeutende Regionen (Ruhrgebiet, Saargebiet und Oberschlesisches Industriegebiet) entwickelten sich in der Zeit nach 1815, durch die Ausbeutung von Kohlevorkommen und den späteren Eisenbahnbau zu prosperierenden Zentren von Montanindustrie und Maschinenbau. Damit wuchs das wirtschaftliche Gewicht Preußens gegenüber Österreich im Deutschen Bund.

Im Eisenbahnbau hinkte Preußen lange Zeit international hinterher. Dies hatte auch für seine Wirtschaft Folgen. So kam es, dass amerikanisches Getreide, englische und belgische Kohle und Roheisen und andere Artikel preiswerter als die heimischen Erzeugnisse waren. Dies lag daran, dass es in England, Belgien und in den USA bereits effiziente Eisenbahnnetze für den Massengütertransport gab. Erste größere private Eisenbahnen wurden daher 1837 mit der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft (Köln – Aachen – belgische Grenze) und 1843 mit der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft vom Rheinland bis zu den schiffbaren Häfen in Minden (mit Zugang zu den bremischen Häfen) angelegt. Der Staat Preußen selbst wurde im Eisenbahnbau 1850 mit der Königlich-Westfälischen Eisenbahn-Gesellschaft und der Preußischen Ostbahn sowie 1875 mit der Berliner Nordbahn tätig. In der Folge wurden zunehmend private Eisenbahnen durch finanzielle Unterstützung, durch Aufkauf oder durch Enteignung (nach dem Preußisch-Österreichischen Krieg 1866) der staatlichen Regie unterworfen.

Obwohl Preußen in wirtschaftlicher Hinsicht in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer Großmacht aufstieg, war der Staat bis weit in das 19. Jahrhundert hinein agrarisch geprägt.

Produktionszahlen wichtiger Industriegüter und Entwicklung des Eisenbahnstreckennetzes in Preußen (1815–1913)
Jahr Steinkohle Roheisen Stahl Eisenbahnnetz
1815 998.000 t
1825 1.292.000 t 40.837 t
1835 1.709.000 t 65.591 t
1845 3.564.000 t 85.100 t 845 km
1850 4.419.000 t 135.000 t 149.300 t 3.144 km
1855 8.670.000 t 301.400 t 317.400 t 4.353 km
1865 18.592.000 t 772.000 t 611.000 t 7.647 km
1875 33.520.000 t 1.393.000 t 1.346.000 t 13.703 km
1885 52.977.000 t 2.664.000 t 2.348.000 t 22.201 km
1895 72.751.000 t 3.778.000 t 4.346.000 t 26.700 km
1905 113.188.000 t 7.106.000 t 8.557.000 t 32.367 km
1913 180.057.000 t 12.260.000 t 11.860.000 t 36.032 km

Wirtschaft im Deutschen Kaiserreich (1871–1918)

Obwohl die politische Bedeutung Preußens im neugegründeten Deutschen Kaiserreich seit 1871 sank, stellte Preußen immer noch das wirtschaftlich mächtigste Land des Kaiserreiches dar. Das in Preußen gelegene Rheinland, Berlin sowie Schlesien, die Provinz Sachsen und die Rhein-Main-Region waren denn auch die wichtigsten Wirtschaftszentren des Reiches. Die Industrialisierung in Preußen nahm auch im Kaiserreich nach 1871 stetig zu. Dies zeigte der Anstieg des Erwerbstätigenanteils, die in der Industrie, Handwerk und Bergbau beschäftigt waren. So stieg dieser Erwerbstätigenanteil im Sekundärsektor und Bergbau zwischen 1871 und 1907 von 30,4 % auf 42,8 % an.

Allerdings verlief dieser Prozeß regional unterschiedlich: In der Provinz Ostpreußen nahm der Anteil des Sekundärsektors und des Bergbaus von 1871 bis 1907 nur von 16,1 % auf 20,4 %, in der Rheinprovinz dagegen von 41,3 % auf 54,5 % zu. Allerdings lag der Industrialisierungsgrad Gesamt-Preußens lange Zeit noch unter dem Reichsdurchschnitt.

Im Jahre 1913 wurde in Preußen 62 % des Nettonationaleinkommens des Deutschen Reiches erwirtschaftet. Die Zahl entsprach genau dem Anteil der preußischen Bevölkerung an der gesamten Reichsbevölkerung.

Ab 1880 bis 1888 erfolgte die Verstaatlichung der meisten Privatbahnen. Am Ende des Ersten Weltkrieges bildeten die staatlichen preußischen Eisenbahnen ein 37.500 km großes Eisenbahnnetz. Die regelmäßigen Mehreinnahmen der Preußischen Staatseisenbahnen dienten auch dazu, den Staatshaushalt auszubalancieren.

Verwaltungsgliederung

Preußischer Gendarm der 11. Gendarmerie-Brigade, Kassel, um 1910. Dunkelgrüner Waffenrock, schwarzblaue Hose

Verwaltungsgliederung am 1. Januar 1900

Die preußischen Landesteile wurden 1815–1818 im Zuge der Verwaltungsreformen nach den gewonnenen Freiheitskriegen gegen Napoleon und den Territorialgewinnen im Zuge des Wiener Kongresses 1815 in eine moderne Organisation aus Provinzen, Regierungsbezirken und Landkreisen überführt.

Die „Staaten des Königs von Preußen“, für deren Gesamtheit sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts der Name „Preußen“ einbürgerte, bestanden Anfang des 18. Jahrhunderts aus den Landesteilen Königreich Preußen, Markgrafschaft Brandenburg, Herzogtum Pommern, Geldern, Kleve, Moers, Tecklenburg, Lingen, Minden, Mark, Ravensberg, Lippstadt, Herzogtum Magdeburg, Halberstadt, dem souveränen Fürstentum Neuenburg und der souveränen Grafschaft Valangin. 1713 wurden die Landesteile in folgende Provinzen gegliedert: Mittel-, Ucker- und Altmark, Neumark-Pommern-Kassuben, Preußen, Geldern-Kleve, Minden-Mark-Ravensberg, Magdeburg-Halberstadt, Neuenburg (Land) und Valangin (Land). 1740 wurden die Provinzialbehörden in Kriegs- und Domänenkammern überführt oder neu gegliedert. Auch deren Gestalt änderte sich im Laufe der folgenden Jahrzehnte mehrmals, als weitere Gebiete, darunter Schlesien als souveräner Besitz, zu Preußen kamen.

Nach dem Wiener Kongress 1815 wurde der Staat Preußen mit der Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden vom 30. April 1815 in zehn Provinzen eingeteilt, die mit Ausnahme von Ostpreußen, Westpreußen und Posen als Verwaltungseinheiten Preußens zum Territorium des Deutschen Bundes zählten. Nach der bereits 1822 erfolgten Fusion der beiden rheinischen Provinzen waren dies neun Provinzen (in Klammern die Hauptstadt):

  1. Provinz Brandenburg (Potsdam)
  2. Provinz Ostpreußen (Königsberg)
  3. Provinz Westpreußen (Danzig)
  4. Provinz Pommern (Stettin)
  5. Provinz Schlesien (Breslau)
  6. Provinz Posen (Posen)
  7. Rheinprovinz (Koblenz), 1822 entstanden aus
    1. Provinz Jülich-Kleve-Berg (Köln)
    2. Provinz Großherzogtum Niederrhein (Koblenz)
  8. Provinz Westfalen (Münster)
  9. Provinz Sachsen (Magdeburg)

1829–1878 waren Ost- und Westpreußen zur Provinz Preußen (Hauptstadt Königsberg) vereinigt.

Nach dem Deutschen Krieg von 1866 annektierte Preußen das Königreich Hannover, das Kurfürstentum Hessen, das Herzogtum Nassau, die Herzogtümer Schleswig und Holstein sowie die Freie Stadt Frankfurt. Aus diesen Gebieten wurden drei Provinzen gebildet:

  1. Provinz Hannover (Hannover)
  2. Provinz Hessen-Nassau (Kassel)
  3. Provinz Schleswig-Holstein (Kiel, 1879–1917 Schleswig)

Der Bundesstaat Preußen umfaßte damit zwölf Provinzen. Diese Einteilung blieb bis zu den Handlungen der Revolutionäre und des Versailler Diktates bestehen.

Bevölkerungszahl und Fläche

Die Entwicklung der Bevölkerungszahl und Fläche Preußens zwischen 1701 und 1939 zeigt eine stark steigende Tendenz:

Jahr Bevölkerung Fläche
1713 1,6 Mio. 114.000 km²
1740 2,4 Mio. 119.000 km²
1786 5,4 Mio. 195.000 km²
1795 8,7 Mio. 300.000 km²
1806 9,7 Mio. 300.000 km²
1807 4,94 Mio. 158.000 km²
1816 10,3 Mio. 280.000 km²
1840 15 Mio. 280.000 km²
1861 18,5 Mio. 280.000 km²
1871 24,6 Mio. 348.780 km²
1880 27 Mio. 348.780 km²
1910 40,16 Mio. 348.780 km²

Der Anstieg der Bevölkerungszahl im 17. und 18. Jahrhundert beruhte auf Gebietsgewinnen und einer intensiv betriebenen Peuplierungspolitik. Durch die Bestimmungen des Friedens von Tilsit 1807 schrumpfte Preußen deutlich zusammen, erhielt jedoch im Zuge des Wiener Kongresses im Jahre 1815 seine ungefähre frühere Größe zurück. Die danach weiter ansteigende Bevölkerungszahl beruhte vornehmlich auf Gebietserwerbungen infolge der Einigungskriege und auf dem hohen natürlichen Bevölkerungswachstum im 19. und frühen 20. Jahrhundert.

Siehe auch

Weblinks

Wiedererlangung der Reichs- und Staatsangehörigkeit

RuStaG-1913 Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz

Eintragung in das Personenstandsregister Deutschland

Personenstandsgesetz für Deutschland im Deutschen Reich 1896 Stand 18.08.1896

Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des Bundesstaat Preußen

RGBl-1801141-Nr04-Gesetz betreffend die Wiederherstellung der Bundesstaaten

Wiederherstellung der Gemeinden des Bundesstaat Preußen

RGBl-1306062-Nr21-Gemeindeverfassung – Reichsgemeindeverfassung

Kontakt zum Minister des Bundesstaates Preußen

Kontakt zum Minister des Bundesstaat Preußen

 

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Bayern

Königreich Bayern

 
Wappen Flagge
Wappen des Königreichs Bayern Flagge des Königreichs Bayern
Lage im Deutschen Reich
Lage des Königreichs Bayern im Deutschen Kaiserreich
Landeshauptstadt München
Regierungsform Konstitutionelle Monarchie (ab 1818)
Staatsoberhaupt König (bis 1918)
Dynastie Wittelsbacher
Bestehen 1806–1918
Fläche 75.865 km²
Einwohner 6.176.057 (1900)
6.524.372 (1910)
Bevölkerungsdichte 81 Einwohner/km²
Währung Bayerischer Gulden,
(1806–1873)
Deutsche Goldmark „Mark“,
(1873–1914)
Mark
(1914–1918)
Entstanden aus Kurfürstentum Bayern Kursfürstentum Bayern
Aufgegangen in Bayern Freistaat Bayern   Königreich Bayern Räterrepublik Bayern
Hymne Heil unserm König, Heil!
Stimmen im Bundesrath 6 Stimmen
Kfz-Kennzeichen II A bis II Z
(mit B, C, D, E, H, N, S, U)
Karte
Bayern von 1800 bis heute

 

Maximilian von Montgelas (1806)

 

Maximilian I. von Bayern im Krönungsornat (Gemälde von Joseph Karl Stieler, ca. 1820)

Das Königreich Bayern war ein Staat in Mitteleuropa. Es hatte seinen Ursprung in dem am 26. Dezember 1805 beim Frieden von Pressburg zwischen den Bevollmächtigten des französischen Kaisers Napoleon Bonaparte und des deutschen und österreichischen Kaisers Franz I. abgeschlossenen Friedensvertrag. Am 1. Januar 1806 erfolgte in München die Proklamation von König Maximilian I. Joseph.

Das Staatsgebiet umfaßte das Kurfürstentum Bayern, zahlreiche säkularisierte altbayrische Gebiete wie Passau, Berchtesgaden und den Rupertiwinkel, die linksrheinische Pfalz sowie weite Teile Frankens und Schwabens.

Das Königreich existierte bis in das Jahr 1918, als sein letzter König Ludwig III. aufgrund der Novemberrevolution am Ende des Ersten Weltkrieges das Land verließ und ins Exil nach Ungarn flüchtete. Mit der Errichtung des Freistaates Bayern und zeitweise der Räterepublik Bayern wurde nicht ein neuer Staat in Bayern gegründet, sondern Bayern letztlich als sogenannte Parlamentarische Republik neu organisiert.

Der Bundesstaat Bayern ging im neu und mit Gewalt geschaffenen Freistaat Bayern bzw. Land der Weimarer Republik auf.

Wie nun der Bundesstaat Bayern wieder handlungsfähig eingerichtet werden kann, das lesen Sie am Ende dieses Chronik oder hier……

 

100 Jahre nach der Novemberrevolution von 1918/19, welche durch deutsche Parteien und Geheimbünde initiiert wurde, ist bewiesen, daß Kaiser Wilhelm II. entgegen aller geltenden Gesetze und der Verfassung, abgedankt wurde. Dadurch konnte Deutschland der sozialistisch-marxistischen Weltanschauung „Demokratie“ geopfert werden, obwohl mit der Verfassungsänderung zum  28. Oktober 1918 durch die beiden gesetzgebenden Organe Bundesrath und Reichstag, der Weg von der Konstitutionellen Monarchie zu einer Parlamentarischen Monarchie geschaffen wurde.

Geschichte

Gründung und territoriale Expansion

Im Frieden von Lunéville 1801 musste Kurpfalzbayern wie andere Staaten des damaligen Heiligen Römischen Reiches zugunsten Frankreichs auf seine linksrheinischen Gebiete verzichten. Damit verlor es die linksrheinischen Teile der Kurpfalz und das Herzogtum Jülich. Dem Kurfürstentum Bayern wurden beim Reichsdeputationshauptschluss im Jahre 1803 Teile Frankens und Schwabens zugesprochen; es musste aber den noch verbliebenen rechtsrheinischen Teil der Kurpfalz an Baden abgeben. 1805 band sich Bayern durch den Bogenhausener Vertrag an das Frankreich Kaiser Napoleons. Während die neue 30.000 Mann starke bayerische Armee am 2. Dezember 1805 österreichische Truppen bei Iglau festhielt, gewann Napoleon die Dreikaiserschlacht von Austerlitz. Die Verträge von Brünn und der Friede von Preßburg brachten Bayern großen Landgewinn, unter anderem ganz Tirol und Vorarlberg, die österreichisch-schwäbische Markgrafschaft Burgau, die Reichsstadt Augsburg und das Gebiet um Lindau. Ansbach, Eichstätt und das Passauer Ilzland wurden ebenfalls Teil des neuen Bayern. Im März 1806 trat Bayern freiwillig das rechtsrheinische Herzogtum Berg im Tausch gegen das Fürstentum Ansbach an Napoleon ab.

Im Frieden von Preßburg, der am 26. Dezember 1805 zwischen Frankreich und dem deutschen Kaiser Franz II. geschlossen wurde, wurde das mit Napoleon verbündete Bayern zum Königreich proklamiert. Kurfürst Maximilian IV. Joseph von Bayern – seit 1799 Herrscher über Kurbayern – nahm am 1. Januar 1806 offiziell den Titel „König Maximilian I. von Bayern“ an. Maximilian war zuvor Herzog von Zweibrücken gewesen, wozu er nach dem Tode seines Vorgängers Karl II. August 1795 bestimmt worden war. Nach dem Aussterben der bayerischen Linie der Wittelsbacher 1777 wurde er als Vertreter der pfälzischen Linie 1799 zum Herrscher über Bayern.

Die Zwangsaushebung von Rekruten für die bayerische Armee führte zum Aufstand der Tiroler unter Andreas Hofer, der am 9. April 1809 in der Tiroler Hauptstadt Innsbruck begann und am 1. November 1809 mit der Niederlage der Tiroler am Bergisel endete. Der Pariser Vertrag vom 28. Februar 1810 zwischen Frankreich und Bayern führte zu Gebietsarrondierungen. Bayern erhielt die Markgrafschaft Bayreuth, das Fürstentum Regensburg, das Innviertel, das halbe Hausruckviertel sowie Salzburg und die ehemalige Fürstpropstei Berchtesgaden als Territorien hinzu. Im Gegenzug mussten das südliche Tirol und einige schwäbische Gebiete abgegeben werden. Durch den Grenzvertrag zwischen Bayern und Württemberg vom 18. Mai 1810 und die jeweiligen Gebietsabtretungen wurde die heute noch bestehende Grenze geschaffen.


Krone des Königreichs Bayern (Schatzkammer der Münchner Residenz, 2013)

 

König Maximilians Minister Maximilian Graf von Montgelas gilt dabei als Schöpfer des modernen bayerischen Staates. Am 1. Mai 1808 wurde die Bayerische Konstitution erlassen, die Freiheits- und Gleichheitsrechte gewährte und den König als Staatsorgan definierte. Der König mußte die Verfassung beeiden und war dieser damit unterworfen. Gleichzeitig beseitigte die Verfassung alle Relikte der Leibeigenschaft, die das alte Reich hinterlassen hatte. Durch die Religionsedikte vom 10. Januar 1803 und vom 14. Juni 1809 wurden alle drei christlichen Bekenntnisse gleichberechtigt – Katholiken, Reformierte und Lutheraner.

1807 wurden die ständischen Steuerprivilegien abgeschafft. 1805 wurden alle erblichen und käuflichen Ämter durch die große Dienstespragmatik abgeschafft. Das Münchner Regulativ von 1805 und das Judenedikt von 1813 gewährten den Israeliten im neuen Bayern erste Freiheiten.

Am 27. August 1807 führte Bayern als erstes Land der Welt eine Pockenimpfung ein. 1812 wurde die bayerische Gendarmerie gegründet. Durch ein neues Strafgesetzbuch, das Anselm von Feuerbach entworfen hatte, wurde 1813 die Folter abgeschafft.

Als Ergebnis des Wiener Kongresses 1814/15 musste Bayern seine Zugewinne Tirol und Salzburg sowie das wiedergewonnene Innviertel großenteils wieder aufgeben. Es bekam aber zum Ausgleich linksrheinische Teile der Pfalz sowie fränkische Gebiete um Würzburg und Aschaffenburg zurück. Die neuen Grenzen wurden letztendlich durch den Vertrag von München 1816 festgelegt. Der badisch-bayerische Grenzstreit über die rechtsrheinische Pfalz wurde dann 1818 auf dem Aachener Kongress zugunsten Badens entschieden.

Am 2. Februar 1817 entließ der bayerische König Montgelas auf Drängen einiger seiner Gegner.

Königreich Bayern im Rheinbund 1806,
mit Tirol

Königreich Bayern im Rheinbund 1812,
mit Salzburg

Königreich Bayern im Deutschen Bund 1816,
mit der Pfalz

Verfassung des Königreiches

1818 erließ Maximilian I. Joseph die Verfassung von 1818, die im Gegensatz zur Verfassung von 1808 auch die Frage einer Volksvertretung regelte. Sie fügte zu den bürgerlichen Freiheiten noch politische Freiheiten hinzu. „Kein Land ist wohl jetzt in Europa, wo freier gesprochen, freier geschrieben, offener gehandelt wird als hier in Bayern“, jubelte Anselm von Feuerbach 1818. Die neue Verfassung sah eine Gliederung in zwei Kammern vor. In der ersten Kammer saßen Vertreter der Geistlichkeit und des Adels sowie weitere vom König ernannte Personen. Die zweite Kammer wurde nach einem indirekten Zensuswahlrecht besetzt. Mit ihr wurde Bayern zur konstitutionellen Monarchie. Die 1808 gewährte Verfassung des Königreiches Bayern, die 1818 weitgehend überarbeitet wurde, wurde in dieser Form (mit gewissen Ergänzungen und Änderungen) bis zum Ende der Monarchie 1918, also genau 100 Jahre lang, angewandt und ist bis heute die einzig wahre und souveräne Verfassung von Bayern.

Bayerisches Geld: Gulden und Kreuzer

Ab 1806 galt die bayerische Münzordnung im neuen Königreich, sie vereinheitlichte das Münzwesen im Königreich und beendete das Münzchaos, welches durch das alte Reich entstanden war. Der Begriff „Münze“ ist dabei wörtlich zu nehmen, denn bayerisches Papiergeld gab es erst 30 Jahre später. 60 Kreuzer hatten den Wert von einem Gulden. Geprägt wurden die bayerischen Münzen zentral in München durch das königliche Münzamt. Auch kleinste Werte der bayerischen Währung, wie z. B. Ein- und Sechs-Kreuzer-Stücke, trugen die Porträts der bayerischen Könige. Das bayerische Wappen mit Krone war immer auf der Gegenseite abgebildet.

Die Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank bekam 1836 das Privileg, bayerische Banknoten herauszugeben. Damit wurde sie zur bayerischen Notenbank. 100.000 Gulden in Banknoten zu 10 Gulden waren 1836 die Grundlage der neuen Ära der Geldwirtschaft im Königreich. Entgegen der Skepsis bayerischer Politiker und Banker wurden diese neuen Scheine bald zu einem akzeptierten und beliebten Zahlungsmittel. 1839 wurden erstmals auch bayerische 100-Gulden-Noten gedruckt. Ab 4. Dezember 1871 trat an die Stelle des bayerischen Guldens die reichseinheitliche, neue „Mark“.

Bayern in der Zeit des Deutschen Bundes

Nach dem Tod seines Vaters Maximilian I. am 13. Oktober 1825 folgte Ludwig I. Er machte Bayerns Hauptstadt München zu einem Zentrum von Kunst und Kultur. Der neue König gründete Universitäten und förderte eine Reform der Schulen im Königreich. Er sanierte den Staatshaushalt und sicherte die Finanzen des Königreiches durch Einsparungen in allen Bereichen, auch beim Militäretat. Durch den Londoner Vertrag von 1832 verpflichteten sich die europäischen Mächte Rußland, Frankreich und England, den bayerischen Prinzen Otto als neuen König von Griechenland einzusetzen. 1828 wurde der bayerisch-württembergische Zollverein gegründet. Nach der Julirevolution 1830 in Paris und der Ausbreitung der revolutionären Bewegung auf weite Teile Europas zeigte Ludwigs Politik zunehmend reaktionäre Tendenzen. Er führte die Zensur wieder ein und beseitigte die Pressefreiheit. Unter Ludwig I. steigerte sich der Einfluß der sogenannten Ultramontanen unter Karl von Abel. Abel behinderte u. a. auch die Bildung evangelischer Gemeinden, begünstigte Konvertiten zum Katholizismus und betonte die monarchische Autorität. Das Hambacher Fest 1832 in der Pfalz auf dem Hambacher Schloß bei Neustadt an der Weinstraße hatte seine Wurzeln in der Unzufriedenheit der pfälzischen Bevölkerung mit der bayerischen Verwaltung. 1834 trat Bayern dem Deutschen Zollverein bei.

Karikatur im Kladderadatsch, Pamphlet deutscher Nationalisten gegen das Königreich Bayern von 1865: Es bezeichnet Bayern als Höllenhund, der den Eingang zur Deutschen Einheit bewacht. Mit dem schwebenden Hut verweist der Zeichner darauf, dass Bayern die Königskrone erst durch den französischen Gewaltherrscher Napoleon I. erhalten hatte, oder aber darauf, dass Bayerns Verhalten im Interesse des aktuellen Kaisers Napoleon III. war.

 

1848 übernahm Maximilian II. nach der Abdankung seines Vaters wegen der Affäre mit Lola Montez die Regierungsgeschäfte. Unter seiner Regierung gab der Landtag liberale Reformen in den Bereichen Landtagswahlrecht, Pressezensur, Versammlungs- und Vereinsrecht sowie Gerichtswesen bekannt, ebenso die Bauernbefreiung. Die Umsetzung dieser Reformen nahm jedoch viel Zeit in Anspruch. Maximilians Vorhaben eines Gesetzes zur Judenemanzipation stieß auf starken Widerstand im Volk.

Die am 28. März 1849 von der Frankfurter Nationalversammlung beschlossene Reichsverfassung lehnte der neue König ab. Das löste den Pfälzischen Aufstand aus. Der König rief preußisches Militär zu Hilfe und am 10. Juni 1849 marschierte auch ein bayerisches Armeekorps in der Pfalz ein, wodurch der Aufstand niedergeschlagen wurde. Bayern beteiligte sich trotz preußischer Hilfe in der Pfalz nicht an der Erfurter Union, mit der der preußische König teilweise eine Deutsche Einheit herstellen wollte. In der Herbstkrise 1850 stand Bayern daher an der Seite Österreichs und marschierte auch mit seinen Truppen in Kurhessen ein, wo bayerisch-österreichische und preußische Armeen einander gegenüberstanden.

Zusammen mit seinem Minister Ludwig von der Pfordten betrieb Maximilian in den folgenden Jahren das Konzept der Trias-Politik, eines Dritten Deutschlands. Die deutschen Mittelstaaten unter Führung Bayerns sollten sich zur dritten Kraft neben den beiden Großmächten Preußen und Österreich entwickeln. Es beteiligte sich daher an den Würzburger Konferenzen. Allerdings waren die übrigen Staaten gegenüber Bayern ebenfalls mißtrauisch.

Schild in Bayern: K[önigliche] Post-Expedition und Telegraphen-Station (Foto von 2009)

 

Maximilian II. war bis zu seinem Tod am 10. März 1864 König von Bayern. Noch am gleichen Tag wurde sein ältester Sohn Ludwig als Ludwig II. zum König ausgerufen. Nach dem Bundesbeschluß vom 14. Juni 1866 gegen Preußen begann der Deutsche Krieg. Bayern kämpfte im Zuge des Mainfeldzugs an der Seite Österreichs gegen Preußen und erlitt in den Gefechten bei Uettingen am 26. Juli eine schwere Niederlage.

Bayern und die Reichsgründung

In der Folge gründete 1867 Preußen den Norddeutschen Bund. Bayern blieb außerhalb des Bundes und schloß sich auch nicht einem süddeutschen Staatenbund an, der im Prager Frieden vorgeschlagen worden war. Bayern genoß somit als Ergebnis des Krieges von 1866 die einzigen vier Jahre seiner Geschichte (1866–1870), in denen es de iure voll souverän = ohne Eingliederung in einen übergreifenden Staat oder Bund lebte. König Ludwig II. mußte jedoch am 22. August 1866 ein Schutz- und Trutzbündnis unterzeichnen. Damit war die bayerische Armee im Kriegsfall dem preußischen König als Bundesfeldherr unterstellt. Im Krieg gegen Frankreich 1870 kämpfte Bayern folglich an der Seite Norddeutschlands.

Mit den Novemberverträgen vom November 1870 wurde auch Bayerns Beitritt zum Norddeutschen Bund vorbereitet. Nur widerwillig und verspätet ratifizierte der bayerische Landtag die Reichsverfassung vom 1. Januar 1871, trat ihr und dem gesamtdeutschen Staat dennoch rückwirkend bei. Die Widerstände gegen einen Beitritt zum von Preußen dominierten neuen Reich waren beachtlich. Nur knapp, und nach großen Widerständen besonders der bayerischen Patriotenpartei, konnte die bayerische Regierung unter Ministerpräsident Otto von Bray-Steinburg die erforderliche Zweidrittelmehrheit erreichen.

Trotz der Widerstände gegen einen Beitritt zum Deutschen Reich konnte sich Bayern dabei als zweitgrößter Staat Reservatrechte sichern. Das bedeutete, daß in manchen Bereichen Bayern eine eigene Verwaltung anstelle der Reichsverwaltung haben durfte. So blieb es bei einer eigenen Armee, der eigenen Postverwaltung und der eigenen Eisenbahnverwaltung. Die Reservatrechte wurden in der Folge eifrig bewacht und durch repräsentative Bauwerke betont, wie dem Armeemuseum und dem Verkehrsministerium.

Das Königreich Bayern hatte weiterhin auch im Deutschen Reich das Recht auf eine eigene Außenpolitik und hatte daher auch eigene Diplomaten. Wegen der fortbestehenden außenpolitischen Kompetenzen Bayerns blieben auch die meisten auswärtigen Botschafter in München: Erst im Ersten Weltkrieg schlossen viele Botschaften und wurden nach Kriegsende aufgrund des Verlusts dieser Kompetenzen Bayerns nicht mehr eröffnet.

Am späten Abend des 9. Juni 1886 wurde der „Märchenkönig“ Ludwig II. auf Schloß Neuschwanstein festgenommen. Eine Kommission der Bayerischen Regierung teilte ihm mit, dass er entmündigt sei. Man verbrachte ihn noch in der Nacht auf Schloß Berg. Sein Onkel Luitpold übernahm tags darauf am 10. Juni als Prinzregent die Regentschaft. Als wenige Tage später, am 13. Juni 1886, Ludwig II. im Starnberger See bei Schloß Berg den Tod fand, wurde erbfolgegemäß sein jüngerer Bruder Otto König von Bayern.

Prinzregentschaft und Erster Weltkrieg

Da König Otto aufgrund einer Geisteskrankheit aber nicht regierungsfähig war, wurden von dem Prinzregenten Luitpold, er war der dritte Sohn Ludwigs I. und Bruder von Max II., weiterhin die Regierungsgeschäfte geführt. Dieser Interimszustand währte dann bis zu seinem Tode 1912 über ein Vierteljahrhundert.

Die „Prinzregentenzeit“, wie die Regentschaft Prinz Luitpolds häufig bezeichnet wird, gilt aufgrund der politischen Passivität Luitpolds als Ära der allmählichen Rückstellung bayerischer Interessen hinter die des Reichs. In Verbindung mit dem unglücklichen Ende der vorausgegangenen Herrschaft König Ludwigs II. wirkte dieser Bruch in der bayerischen Monarchie umso stärker. Die Verfassungsänderung von 1913 schließlich brachte nach Ansicht von Historikern den entscheidenden Bruch in der Kontinuität der Königsherrschaft, zumal diese Änderung vom Landtag als Volksvertretung bewilligt worden war und somit indirekt einen Schritt weg von der konstitutionellen hin zur parlamentarischen Monarchie bedeutete. Die Verbindung dieser beiden Entwicklungen wird heute als Hauptursache für das unspektakuläre und ohne Widerstände erfolgte Ende des bayerischen Königreiches im Zuge der Novemberrevolution von 1918 betrachtet. Nach dem Tod Luitpolds folgte dessen Sohn Ludwig zunächst ebenfalls als Prinzregent, er ließ sich allerdings nach einer vom Bayerischen Landtag beschlossenen Verfassungsänderung vom 4. November 1913 offiziell am 5. November zum König Ludwig III. ausrufen. Otto behielt aber bis zu seinem Tod 1916 seinen Königstitel, so daß Bayern zwei Könige (dem Titel nach) hatte.

Durch ein Wahlbündnis zwischen dem Bayerischem Zentrum (Katholiken), wie sich die Bayerische Patriotenpartei seit 1887 nannte, und der SPD wurde 1906 das bayerische Wahlrecht liberalisiert und damit an das des Reichstages angeglichen. Das Ende des Ersten Weltkrieges bedeutete auch das Ende der Monarchie in Bayern. Aufgrund der Versorgungsengpässe und der Verluste im Ersten Weltkrieg schwand der Rückhalt, den die Monarchie bisher im Volk hatte. Ein Übriges tat das militante Auftreten Ludwigs III., der für eine Vergrößerung Bayerns durch Annexionen nach einem siegreich beendeten Krieg eintrat. Seine Einstellung wurde als zu preußenfreundlich wahrgenommen. Im Zuge der Novemberrevolution rief Kurt Eisner am 7. November 1918 den Freistaat Bayern aus. König Ludwig III. war abgesetzt und mußte Bayern verlassen.

Wappen

Beschreibung: In einem Wappenzelt halten zwei auf den Hinterbeinen stehende gekrönte goldene Löwen mit den erhobenen Vorderpfoten zwischen sich das eigentliche bayerische Landeswappen, das aus sechs heraldischen Komponenten besteht. Im Hauptschild (4 Komponenten) zeigt das linke obere Feld einen nach links aufgerichteten goldenen Löwen vor schwarzem Hintergrund, den Pfälzer Löwen, das Wappenzeichen der Pfalz. Im rechten oberen Feld symbolisieren drei aufwärts zeigende silberne Spitzen auf rotem Grund („Fränkischer Rechen“) den Landesteil Franken. Rechts unten steht in silbernem Feld ein aufgerichteter, nach links schreitender blauer Löwe mit goldener Krone, Wappentier der Grafschaft Pfalz-Veldenz, stellvertretend für die nördliche Rheinpfalz. Links unten repräsentiert das Wappen der Markgrafschaft Burgau, ein goldener Pfahl auf weiß und rot schräg von links unten nach rechts oben gestreiftem Grund, den Landesteil Schwaben. Der Herzschild in den Landesfarben Weiß-Blau zeigt 42 teils silberne, teils blaue, diagonal von der rechten zur linken Seite aufsteigende Rauten (Rautenmuster). Die goldene Krone über dem Wappen symbolisiert das Königtum.

Geschichte: Die Rauten wurden vom Wappen der Grafen von Bogen im heutigen Landkreis Straubing-Bogen übernommen. Durch die Hochzeit von Ludmilla von Böhmen mit Ludwig I. von Bayern (1204) kam es in den Besitz der Wittelsbacher.

Wappen des Königreichs Bayern (Kupferstich von 1809)

Jugendstil-Staatswappen des Königreichs Bayern (1913) an der 23erKaserne, Kaiserslautern. (Entwurf: Rudolf Ritter von Perignon)

Gliederung

Kreise 1838 bis 1918

Die Kreise erhielten 1838 anstelle der Flußnamen die Bezeichnungen nach den alten Herzogtümern. Diese Bezeichnungen wurden später in die noch heute bestehenden Regierungsbezirke überführt, die als Verwaltungseinheiten der mittleren Ebene weitgehend (bis auf die 1946 von Bayern losgelöste Pfalz) den heutigen Regierungsbezirken entsprechen.

Die 1838 verbliebenen Kreise gliederten sich in Bezirksämter. Die Vorläufer der Bezirksämter, die Landgerichte, waren ursprünglich zugleich Verwaltungs- und Gerichtsbehörden, was als struktureller Fehler der bayerischen Verfassung galt, da damit die richterliche Unabhängigkeit berührt war, nachdem der Richter (in seiner Funktion des Verwaltungsbeamten, die der des heutigen Landrats entsprach) weisungsgebunden war. Erst 1862 wurde durch Einführung der Bezirksämter, denen die Verwaltungsgeschäfte übertragen wurden, dieser Mangel behoben. In der Pfalz bestanden bereits seit 1818 Landkommissariate neben den Landgerichten. Trotz dieser rational und gleichförmig erscheinenden Gebietsgliederungen blieb die gesellschaftliche Entwicklung im Königreich zunächst von erheblichen Integrationsproblemen gekennzeichnet.

Innerhalb des Königreichs Bayern genoß die Pfalz eine rechtliche und administrative Sonderstellung, da die bayerische Regierung wesentliche Errungenschaften der französischen Zeit beibehielt.

Das Königreich Bayern war ab 1871 zweitgrößter Staat des Deutschen Reichs, 75.865 km², bestehend aus dem größeren östlichen Hauptteil (69.928 km²) und aus dem westlichen vom Rhein gelegenen kleinen Gebietsteil der Pfalz (Rheinpfalz, Rhein-Bayern; 5937 km²).

  1. Oberbayern (Bezirkshauptstadt und Kreisregierung München)
  2. Niederbayern (Landshut)
  3. Pfalz (Speyer)
  4. Oberpfalz und Regensburg (Regensburg)
  5. Oberfranken (Bayreuth)
  6. Mittelfranken (Ansbach)
  7. Unterfranken und Aschaffenburg (Würzburg)
  8. Schwaben und Neuburg (Augsburg)

Bavaria in München

Könige

Liste der bayerischen Herrscher

Die Krone des Königreichs Bayern wurde nicht getragen, jedoch bei der Inthronisierung der bayerischen Könige und bei königlichen Begräbnissen auf dem Katafalk aufgestellt. Sie befindet sich heute in der Schatzkammer der Münchner Residenz.

Militär

1812 bis 1871

Szene aus demRusslandfeldzug 1812 (Schlacht von Borodino, Gemälde vonPeter von Hess, 1843) Würzburgisches Bataillon der kgl. bayerischen Landwehr um 1840 (Gemälde von Heinrich Ambros Eckert, 1858)
Im Russlandfeldzug (unter Napoleon) erlitt die bayerische Armee schreckliche Verluste. Bereits die Schlacht bei Polozk Mitte August 1812 forderte einen hohen Blutzoll; in Richtung Moskau stieß im Wesentlichen nur noch bayerische Kavallerie vor. Von den rund 33.000 Mann, die (einschließlich nachgeschickter Verstärkungen) 1812 ausmarschiert waren, kehrten nur etwa 4.000 zurück. Vom Kronprinzen und Wrede gedrängt, wandte sich König Max I. Joseph schweren Herzens von Frankreich ab und wechselte kurz vor der Völkerschlacht bei Leipzig ins Lager der Alliierten. Der Versuch Wredes, den Durchmarsch der Grande Armée 1813 in der Schlacht bei Hanau zu stoppen, endete für das von ihm kommandierte bayerisch-österreichische Korps mit einer glimpflichen Niederlage. Im für die Alliierten anfänglich glücklosen Frankreichfeldzug von 1814 machte er diese Schlappe wieder wett und konnte in den Schlachten bei Arcis-sur-Aube und Bar-sur-Aube wertvolle Siege über den ehemaligen Verbündeten erringen.

Nach dem Beschluß der Bundesexekution gegen Preußen durch den deutschen Bundestag in Frankfurt begann der Deutsche Krieg. Die am 10. Mai 1866 angeordnete Mobilmachung der bayerischen Armee wurde erst am 22. Juni abgeschlossen, zu diesem Zeitpunkt befand sich die preußische Armee bereits fast in Böhmen. Dieser Krieg verlief für die bayerische Armee sehr unglücklich. Der bayerische Oberbefehlshaber Prinz Karl, dem auch die süddeutschen Bundestruppen unterstanden, erfuhr, als er dem Königreich Hannover zur Hilfe eilte, in Meiningen von der Kapitulation der Hannoveraner nach der Schlacht bei Langensalza. Da die Preußen rasch vordrangen, war eine Vereinigung mit einem weiter westlich liegenden Bundeskorps unter Prinz Alexander von Hessen nicht möglich, worauf sich die bayerischen Truppen nach Kissingen zurückzogen. Nach heftigen Kämpfen wich die bayerische Armee nach Schweinfurt und Würzburg zurück. Dort konnten lediglich die Festung Marienberg und ein Stadtviertel gehalten werden. Am 1. August 1866 besetzte ein preußisches Reservekorps Nürnberg.

Als es 1869 im Rahmen der spanischen Thronkandidatur von Leopold von Hohenzollern zur Zuspitzung des Verhältnisses zwischen Frankreich und Preußen kam, ließ der bayerische Kriegsminister Siegmund von Pranckh am 14. Juli 1870 die beiden bayerischen Armeekorps mobilisieren. Das 1. Armeekorps unter Ludwig von der Tann und das 2. Armeekorps unter Jakob von Hartmann zogen im Rahmen der III. Armee unter Friedrich Wilhelm von Preußen in den Deutsch-Französischen Krieg (1870/71). Die bayerischen Truppen unter von Hartmann erstürmten Weißenburg, nahmen an der Schlacht bei Wörth, der Schlacht bei Beaumont, der Schlacht bei Sedan und der Belagerung von Paris erfolgreich teil. Über 5.000 bayerische Soldaten starben während des Krieges.

1871 bis 1918

Die Armee des Königreiches Bayern existierte bis ins Jahr 1918. Es bestand das Recht des bayerischen Königs auf den Oberbefehl über die bayerische Armee in Friedenszeiten (auf Grundlage der Militärkonvention vom November 1870). Im Rahmen des Ersten Weltkrieges kämpften die bayerischen Truppen unter dem Oberbefehl des Deutschen Reiches.

Weblinks